Wenn der Tod Leben rettet

"Die Lebenden reparieren" im Harmonie-Kino – Ärzte der Uniklinik diskutieren über Organspende .  

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Die Eltern im Film „Die Lebenden reparieren“  | Foto: dpa
Die Eltern im Film „Die Lebenden reparieren“ Foto: dpa

Eine Horrorvorstellung für alle Eltern: Der 17-jährige Simon stirbt nach einem Surf-Ausflug mit seinen Freunden bei einem Autounfall. Seine beiden Freunde überleben schwer verletzt – sie waren angeschnallt. Die Organe des Jungen arbeiten maschinell unterstützt weiter, doch er ist hirntot. Plötzlich stehen Mutter Marianne und Vater Vincent vor der schwierigen Entscheidung, die Organe ihres Sohnes zu spenden. Nach der Vorführung des Films "Die Lebenden reparieren" am Dienstagabendbeantworteten zwei Ärzte des Uniklinikums Publikumsfragen.

Ist es wirklich unmöglich, dass ein hirntoter Patient wieder aus dem Koma erwacht? Die erste Frage der Eltern im Film der französischen Regisseurin Katell Quillévéré, der einen 24-Stunden-Bogen um die vielfach diskutierte Organspende vom Unfall bis zur erfolgreichen Transplantation spannt, treibt auch das Publikum um. "Eindeutig ja", antwortet Michael Lücking, Organspendebeauftragter der Uniklinik: Von 200 Patienten, die in einer Versuchsreihe längere Zeit am Leben gehalten wurden, sei kein einziger aufgewacht. Was im Film allerdings dramaturgisch gerafft wurde, ist die Zeit zwischen Unfall und der endgültigen Diagnose Hirntod. Im Regelfall vergehen mehrere Tage, Angehörige müssen nicht innerhalb weniger Stunden zu einer Entscheidung über eine Organspende kommen.

Für Christian Leibundgut war so eine Organspende lebensrettend. Dem emeritierten Professor für Hydrologie wurde 2004 in Freiburg ein neues Herz eingepflanzt. Ein halbes Jahr verbrachte er auf der Intensivstation, um vor Ort zu sein, wenn ein passendes Herz gefunden wird. Eines Tages ging dann alles ganz schnell: "Man kriegt nicht viel mit, dann hat man ein neues Herz und ein neues Leben beginnt", fasst er lakonisch zusammen. Die Bedenken vieler Leute, dass sich die Persönlichkeit mit einem neuen Herz verändert, kann er nicht bestätigen: "Freunde sagen, ich bin immer noch der alte."

So unproblematisch sieht nicht jeder die Organspende. Auch unter den Ärzten gibt es keine hundertprozentige Zustimmung, so Lücking. Deshalb will er in den Krankenhäusern für Aufklärung sorgen – und in der Bevölkerung. Obwohl die Mehrheit der Deutschen der Organspende positiv gegenüberstehen und laut Statistik 30 Prozent einen Organspendeausweis besitzen, sieht der Alltag in der Klinik oft anders aus. Seiner Erfahrung nach trägt nur jeder zehnte mögliche Spender den Ausweis bei sich. Die Folge: Viele Angehörige sind völlig ratlos, was der Verstorbene gewollt hätte.

Kommt es zur Spende, sind Chirurgen wie Friedhelm Beyersdorf gefragt. Der ärztliche Direktor für Herz- und Gefäßchirurgie des Uni-Herzzentrums Freiburg/Bad Krozingen kennt die Anspannung im OP-Saal bei einer Herztransplantation. Vor 23 Jahren wurde an der Klinik das erste Herz verpflanzt – der Patient ist nach wie vor gesund. Heute finden hier bis zu zwölf Herztransplantationen im Jahr statt. Die eigentliche Operation dauere in der Regel nur eine Stunde.

Im Film ist die OP geglückt. Die herzkranke zweifache Mutter Claire wacht im Krankenbett mit Simons Herz auf und lächelt. Dass das reale Leben nicht immer so glücklich verläuft, wissen hier alle Beteiligten. Trotzdem ist die Organspende für viele Patienten eine letzte Chance. Und die Wartelisten sind lang. Angesichts des dramatischen Organmangels in Deutschland (Zehn Spender pro Million Einwohner) richtet Lücking deshalb den Appell an die Zuschauerinnen und Zuschauer, zu Hause mit den Angehörigen über das Thema zu reden. Dann falle eine Entscheidung im Ernstfall leichter.

"Die Lebenden retten": Harmonie-Kino, Vorstellungen ab Montag, 18. Dezember, jeden Abend um 18.50 Uhr.

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