Wie Gefangene im eigenen Zimmer

Viele Kinder und Jugendliche leiden unter der Pandemie, weil sie zu viel Zeit zuhause und mit sich verbringen müssen.  

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Der Blick aus dem Fenster muss in Corona-Zeiten reichen. Er reicht aber nicht.   | Foto: mariesacha  (stock.adobe.com)
Der Blick aus dem Fenster muss in Corona-Zeiten reichen. Er reicht aber nicht. Foto: mariesacha  (stock.adobe.com)
Seit dem 13. März 2020 befinden sich Schülerinnen und Schüler in Deutschland fast ausschließlich im Homeschooling. Seit einem Jahr ist normaler Unterricht nicht mehr vorstellbar. Das, was man früher als Unterricht bezeichnete, wurde durch ein digitales Endgerät in Kinderzimmer, Küche oder Wohnzimmer ausgetauscht. Eltern entwickelten sich zu Lehrern, Spielkameraden und Psychologen gleichzeitig. Ist das der Plan für die nächsten Wochen oder Monate? Wie lange halten die Menschen das durch?

Gemäß einiger Erfahrungsberichte von Schülerinnen und Schüler kann man sich deren Tagesablauf folgendermaßen vorstellen: 7.40 Uhr. Man ist vertieft in seinen Träumen von Freiheit und Weite, Reisen um die Welt und Partys. 7.45 Uhr. Das Erklingen eines schrecklichen Geräusches in den Ohren lässt einen aus dem Schlaf hochschrecken. Durch die fehlende Motivation und dem Schreck des Weckers, der einem tief in den Knochen sitzt, bekommt man als Schüler einen Nervenzusammenbruch, da in einer Viertelstunde der Online-Unterricht beginnt. Völlig übermüdet und demotiviert vom Nichtstun macht man sich auf den Weg zum Schreibtisch, um den Computer hochzufahren.

Zu viel Bildschirmarbeit und Kommunikationsmangel

8.00 Uhr. Unterrichtsbeginn. Von nun an sind es ganze lange fünf Stunden bis Unterrichtsschluss, in welchen man sich dem Gerede hilfloser Lehrer aussetzen muss, die gleichermaßen mit den Umständen zu kämpfen haben. Also sitzt man vor seinem Computer, in dem Wissen, dass weitere 30 Menschen dieser endlosen Situation ausgesetzt sind. Um 13.00 Uhr wird gegessen, im Anschluss Aufgaben hochgeladen, so dass man pünktlich um 13.45 Uhr wieder vor dem Bildschirm sitzt. Wenn um 15.15 Uhr der Unterricht endgültig zu Ende ist, sind die Schüler müde von den Bildschirmen, dem starren Sitzen und dem Mangel an Kommunikation. Meistens muss noch nachgearbeitet werden, weil Ausdrucke fehlten oder die Online-Verbindung nicht stabil war.

Der Tag neigt sich dem Ende und der Schüler hat sein Zimmer kaum verlassen können. Kleine Gespräche auf dem Weg zur Schule fehlen, Hobbys und Aktivitäten, die sonst Abwechslung und Motivation bieten, sind derzeit völlig ausgeschlossen. Der Höhepunkt der Woche ist das Wochenende, an dem man ausschlafen kann und eventuell das Haus verlässt. Durch das ständige Lernen zuhause hat sich die Raumatmosphäre von einem idyllischen Entspannungsort zu einem Büro entwickelt. Oft kreisen die Gedanken um Schulaufgaben. Da Kontakte zur Außenwelt fehlen, ist man durchgängig mit den Gedanken bei der Schule. Das einstige Kinderzimmer als Spielort, Kommunikationsstätte, Rückzugsort oder Kreativitätswerkstatt hat sich zu einem Raum voller Pflichtgedanken, Noten und Stressfaktoren entwickelt. Die Grenze zwischen Schule und Privatem ist verschwommen. Die Möglichkeit zur Abgrenzung und zum Rückzug wurde den Schülerinnen und Schülern genommen. Der Tagesrhythmus ist verzerrt und bietet kaum klare Strukturen und minimiert den Kampfgeist.

Da ist es kaum verwunderlich, dass sich Kinder und Jugendliche im eigenen Zimmer gefangen fühlen. Umso wichtiger wäre es, den Kindern schnellstmöglich wieder persönlichen Austausch zu ermöglichen. Auch in der Schule.

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