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Wie kommen wir hier raus?

Alexandra Mieth
  • Do, 07. Mai 2015
    fudder

     

Im Basler "Room Escape" wird man in einem Raum eingesperrt, aus dem man sich nur mit Logik befreien kann.

fudder, Roomescape  | Foto: Marius Buhl
fudder, Roomescape Foto: Marius Buhl

Die Türe fällt ins Schloss, der Schlüssel dreht sich – jetzt sind wir eingesperrt. Wir sehen nichts, es ist stockdunkel. Alles was wir wissen: Wir haben 60 Minuten um irgendwie wieder heraus zukommen. Alles was wir haben: eine Taschenlampe, ein Schreibblock und unser Gehirn. Und alles werden wir brauchen. Herzlich willkommen bei Room Escape.

Wir – das sind Yasmine, Anna, Karla und ich. Gemeinsam haben wir uns in Basel zum Room Escape angemeldet. Das Spiel folgt einem Konzept, das ursprünglich aus Computerspielen kommt. Der oder die Spieler sind dabei in einem Raum eingeschlossen und müssen mit Hinweisen, wenigen Hilfsmitteln und Logik aus dem Raum entkommen. Die ersten "realen" Fluchtspiele spielten Hobby-Detektive in den USA, Japan und Ungarn. Mittlerweile ist der Trend auch in Deutschland und in der Schweiz angekommen. In Baden-Württemberg gibt es bereits Escape-Rooms in Konstanz, Stuttgart, Heilbronn, Filderstadt, Baden Baden, Leonberg und Ludwigsburg – im Juni will ein Betreiber auch in Freiburg eröffnen, auf der Haid.

"Willkommen zur kürzesten Stunde deines Lebens", empfängt uns eine Stimme über Lautsprecher. Dann ist es still und wir sind auf uns allein gestellt. Yasmine knipst die Taschenlampe an. Zusammen schleichen wir durch den Raum, suchen nach Hinweisen. Der Lichtkegel streift über holzvertäfelte Wände, eine kleine Holzkommode mit einem grünen Telefon darauf und… da, ein Lichtschalter! Yasmine drückt, das Licht geht an.
Nur wer logisch denkt, schafft die Flucht aus dem Raum

Vor uns steht ein riesiges Bücherregal, aus einem Wandregal starrt uns ein Totenkopf aus hohlen Augen an, neben ihm liegt ein Buch, das mit Ketten und Schloss verriegelt ist. Im Raum verteilt hängen fünf gerahmte Kupferstiche der Stadt Basel. Im Bücherregal entdecken wir zudem zwei Zahlenschlösser. Öffnen wir sie, können wir die Wand beiseite schieben – die Flucht wäre gelungen. Nur: Wie finden wir die Codes heraus?

Felix Erzinger weiß, in welcher Situation wir uns gerade befinden – er sieht uns nämlich. Mit einer im Raum angebrachten Kamera beobachtet uns der Betreiber des Basler Room Escape. Später sagt er: "Ihr habt eine Sache richtig gemacht: Ihr habt Hinweise gesucht. Viele kommen, sehen ein Rätsel und versuchen direkt, es zu lösen. Besser ist: So viele Hinweise wie möglich wertfrei sammeln – und dann kombinieren." Er selbst hat sein erstes Fluchtspiel vor einem Jahr in Belgrad gespielt. Eigentlich war er dort, um beim Davis-Cup Roger Federer die Daumen zu drücken. Als dieser ausgeschieden war, spielten er und Kollegen Room Escape – aus Neugier. Zurück in Basel erzählte er seinem Freund Lukas Haas davon. Es dauerte keine drei Monate, dann gründeten die beiden eine Firma, um gemeinsam einen Raum zu betreiben – die Sherlock GmbH.

Glück hatten sie mit der Location: Gerade wurde in Kleinbasel eine alte Brauerei neu bezogen – im Keller war noch ein Raum frei. Neben "Room Escape" gibt es hier Dachterrassenrestaurants, Ateliers und ein hippes Café. Eine Nachbarschaft, die gut zum Konzept passt – vor allem junge Akademiker seien von der Situation des Eingesperrtseins, der man mittels Geisteskraft entfliehen kann, fasziniert. Aber nicht nur die. "Der Handwerker hat gegenüber dem ausstudierten Arzt keine Nachteile", sagt Erzinger. "Es geht um Logik, nicht um Wissen. Oft denkt der Arzt sogar zu kompliziert!"

Ob wir zu kompliziert denken oder nicht – das wissen wir noch nicht. Dutzende Fährten haben wir inzwischen entdeckt: einen iPod ohne Kopfhörer, viele unsortierte Uno-Karten, einen einzelnen losen Schlüssel. Wir streiten über Himmelsrichtungen, blättern durch riesige Wälzer, vermuten – und haben schließlich eine gute Idee. Zu Ende gedacht ergibt sie den Code des ersten Schlosses.
Wir grübeln weiter – aber die Ideen für das zweite Schloss gehen uns aus. Nach etwas über einer halben Stunde hören wir die Stimme des Spielleiters über einen Lautsprecher. Weil wir uns hoffnungslos in Details verstrickt haben, gibt er uns den zweiten Code. Nachdem wir die richtige Zahlenkombination in das zweite Schloss eingegeben haben, schieben wir erwartungsvoll die in den Wandschrank integrierte Tür auf. Doch nicht die Freiheit erwartet uns – sondern ein neuer Raum. Aus der Bibliothek treten wir in eine Art Chemielabor mit Periodensystem an der Wand und Erlenmeyerkolben.

Wir teilen uns auf und arbeiten viel effektiver. Wir hantieren mit verschiedenen chemischen Elementen, benutzen eine Goldwaage – und sind erfolgreich. Als wir dann die richtige Kombination in das Schloss eingeben, erwartet uns ein Flur, der die nächste Tür und ein weiteres Rätsel offenbart. Als wir mal wieder ratlos Hinweise anstarren, ertönt von neuem eine Durchsage mit wenig erfreulicher Botschaft. Der Spielleiter verkündet, dass unsere Zeit in fünf Minuten abläuft. Wohlwollend sagt er uns die Kombination für die nächste Tür durch, sodass wir in den letzten Raum gelangen.

Fünf Minuten bleiben – mit etwas Extrazeit finden wir den letzten Türcode. Mit einem Schlag auf einen großen roten Knopf öffnet sich hupend die Tür. Wir haben es geschafft! Stolz sind wir schon, aber auch etwas traurig. Wir haben zu lange gebraucht. Doch Felix Erzinger tröstet uns: "Für Anfänger wart ihr gar nicht so schlecht. In 60 Minuten schaffen es nur circa 40 Prozent der Besucher". Stolz fügt er hinzu: "Wir gelten als der schwierigste Escape Room in der Schweiz!"

Ressort: fudder

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 07. Mai 2015: PDF-Version herunterladen

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