Handwerk in der Region

"Wir lassen die Jungen nicht alleine"

Anzeige Interview mit Hans Joachim Schneider, dem Ortenauer Regionalkoordinator der SES-Ausbildungsbegleiter  

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In der Ausbildung den Durchblick zu behalten, ist nicht immer einfach. Die berufserfahrenen Seniorinnen und Senioren helfen dabei. Foto: Julian Stratenschulte
Für gewöhnlich unterstützt der Senior-Experten-Service (SES) in Entwicklungsländern Betriebe mit Hilfe zur Selbsthilfe. Nun steht der SES mit "Vera – Stark durch Ausbildung" regional Jugendlichen bei, die Schwierigkeiten mit ihrer Ausbildung haben – aber nicht als Konkurrenz zu bestehenden Angeboten, sondern als weiteres Glied in der Bildungskette. Im Gespräch mit Anita Fertl erklärt Hans Joachim Schneider das Erfolgsrezept der Senior-Experten.

BZ: Herr Schneider, warum braucht es denn eigentlich Vera?
Schneider: Das Problem ist uralt. Es ist ein Phänomen in Deutschland, dass es immer wieder um diese Zahl 10 Prozent Ausbildungsabbrüche geht. Parallel fehlen Fachkräfte. Vera ist 2008 vor dem Hintergrund entstanden, dass man schauen muss, wo mögliche Fachkräfte verloren gehen. Deshalb wird mit diesem Programm versucht, die Ausbildungsabbrüche zu reduzieren. Und dabei möchte man auf die Erfahrung der Senioren nicht verzichten und bringt diese sinnvoll ein.

BZ: Und wie finden Sie Zugang zu den Jüngeren?
Schneider: Es gibt ein Alleinstellungsmerkmal der Senioren: Wir haben die Möglichkeit, dass wir aufgrund unserer Opa- und Oma-Rolle den Jugendlichen nie sagen müssen: "Du musst aber". Wir haben keinen Kontrollcharakter. Anders als der Betrieb oder die Eltern, die sagen: "Du musst mehr lernen in der Schule". Oder der Meister, der sagt: "Du musst das noch schneller machen". Mit uns hat der Auszubildende jemanden, der fragt, vorschlägt und empfiehlt. Aber nicht im Sinne von Besserwisserei. Sondern wir haben die Ruhe, nachzufragen und zu sagen: "Erzähl mal, hast du schon mal gehört, dass man das so versuchen kann." Und wir Senioren bleiben dann dran, ohne dass die oder der Auszubildende das Gefühl hat, überprüft zu werden.

BZ: Wo hakt es bei den Auszubildenden?
Schneider: Bei der Umstellung auf die Verbindlichkeiten in Industrie und Handwerk. Das ist eine Welt, die den Jugendlichen völlig neu ist. So hat zum Beispiel ein Senior eine Kfz-Kauffrau betreut. Sie sagte zum Schluss, der Senior habe ihr erst einmal klar gemacht, dass das, was sie sich vornimmt zu lernen, zeitlich gar nicht machbar ist. Und er hat ihr beigebracht, einen Zeitplan zu schreiben.

BZ: Wie hat sich die Pandemie auf Ihre Arbeit ausgewirkt?
Schneider: Keine persönlichen Treffen, Lockdown, Ansteckungsrisiko: Corona war auch für uns eine Herausforderung. Aber wir lassen die jungen Menschen nicht alleine, sondern begleiten sie verstärkt auch virtuell, nutzen Videochats und Messenger-Dienste oder telefonieren mit den Auszubildenden.

BZ: Und wie stark ist der Bedarf nach individueller Unterstützung?
Schneider: Unverändert hoch. So führte der SES im Jahr 2020 mehr als 4500 kostenlose Begleitungen im gesamten Bundesgebiet durch.

BZ: Mit Erfolg?
Schneider: Ja. 78 Prozent der begleiteten Jugendlichen konnten daraufhin ihre Ausbildung abschließen. Teilweise werden die Jugendlichen von einem Senior in ein anderes Ausbildungsverhältnis geführt, weil sich herausstellt, dass die Ausbildung doch nicht das Richtige war. Übrigens gaben 95 Prozent der Befragten an, dass sie Vera wieder in Anspruch nehmen würden oder weiterempfehlen.
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