Wenn John Lewis auf den Balkon seines Amtszimmers tritt, schaut er zwischen Marmorsäulen und Grünanlagen geradewegs aufs Kapitol. Seit 1987 sitzt der schwarze Demokrat im Repräsentantenhaus; mit seinen 73 Jahren kann er das manchmal selbst kaum glauben. "Wenn es Martin Luther King nicht gegeben hätte, weiß ich nicht, was aus Amerika geworden wäre. Oder aus mir selbst", sagt der bedächtige Mann. "Wenn mir vor 50 Jahren jemand erzählt hätte, dass ich ein Kongressabgeordneter werden würde, mit einem Büro auf dem Kapitolshügel – ich hätte gesagt: Unmöglich!"
Lewis muss es wissen: Er hat mit auf der Bühne gestanden, als King am 28. August 1963 seine berühmte "I have a dream"-Rede hielt. Am anderen Ende der National Mall war das, jener großen Rasenfläche, die Washingtons Staatsbauten trennt. Lewis war damals 23 und vertrat das Student Nonviolent Coordinating Committee (SNCC), eine der sechs großen Bürgerrechtsorganisationen, die den Marsch auf Washington organisiert hatten. Er war der jüngste der zehn Redner, die am Denkmal von Abraham ...