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"Freiburg putzt sich heraus"

150 Mooswälder säubern Waldstück, das bald Wohngebiet werden soll

  • Di, 14. März 2017
    Freiburg

Große Resonanz bei Aktion war auch Plädoyer für Mooswalderhalt.

Bei der Waldputzete kräftig mit angepa...nd Regina Huttelmeier (links daneben).  | Foto: Thomas Kunz
Bei der Waldputzete kräftig mit angepackt haben unter anderem Margit Born (orangefarbene Weste) und Regina Huttelmeier (links daneben). Foto: Thomas Kunz

MOOSWALD. Offenen Protest gab es keinen, aber es war dennoch eine Abstimmung mit den Füßen: Am Samstagmorgen haben rund 150 Bewohner des Stadtteils Mooswald ein Waldstück von Müll und Unrat gesäubert – just jenes Naherholungsgebiet, das für ein neues Wohngebiet abgeholzt werden soll. Die Aktion fand als Teil der stadtweiten Kampagne "Freiburg putzt sich raus" statt. Insgesamt waren 30 Gruppen mit zusammen rund 1000 Teilnehmern unterwegs. Allein im Waldstück in Mooswald ist mehr als ein Container Müll zusammengekommen.

Baubürgermeister Martin Haag staunt nicht schlecht, als am Samstagmorgen um 9 Uhr der Treffpunkt in der Straße "Am Rehwinkel" voller und voller wird. Er ist gekommen, um ein Grußwort zu sprechen. Doch während in den vergangenen Jahren bei solchen Putzaktionen im Stadtteil höchstens 20 bis 30 Bewohner dabei waren, sind es diesmal rund 150. Haag freut sich über das Engagement, damit würden die Bürger helfen, "den Wald noch schöner zu machen, als er eh schon ist", sagt er. Kurz gibt es Gemurmel, ansonsten aber an diesem Morgen keinen Protest. Dabei kocht es im Stadtteil. Die Bürger sind erbost über die Pläne der Stadtverwaltung, die das Naherholungsgebiet abholzen und durch ein Wohngebiet ersetzen will. Auf diese Planungen geht Haag in seinem Grußwort jedoch gar nicht ein, auch die Bürgervereinsvorsitzende Ursula Jautz und Jochen Hank von der AG Mooswald beschränken sich in ihren Redebeiträgen auf Organisatorisches. Nur die Unterschriftenliste hängt bereit. Insgesamt haben sich schon rund 8000 Bürger für den Erhalt des Waldstücks ausgesprochen.

Unter Laub liegt ein ausrangierter Wäschekorb

Dass so viele Menschen zur Putzaktion gekommen sind, sei optisches Zeichen genug, wie wichtig den Bewohnern des Stadtteils ihr Naherholungsgebiet sei, sagen Ursula Jautz und Jochen Hank am Rande der Veranstaltung gegenüber der BZ – mehr Protest sei an dieser Stelle nicht nötig. Sie hoffen stattdessen auf anstehende Gespräche mit der Stadtverwaltung und wollen versuchen, das Rathaus mit ihren Argumenten noch umzustimmen. Die Vorboten der Planungen sind im Waldstück jedoch bereits zu sehen: An mehreren Stellen hängen schwarze Kästchen, mit deren Hilfe Umweltgutachter den Bestand an Insekten erfassen.

Die Teilnehmer der Putzaktion statten sich mit Müllsäcken und Greifzangen aus, viele tragen Warnwesten und Handschuhe, einige Gummistiefel. Dann geht es los. Alfred Marte greift beherzt zu. Kleine Papierchen, aber auch weggeworfene Getränkedosen oder Flaschen liegen am Wegesrand und landen nach und nach im Müllsack des 69-Jährigen, der in der Nachbarschaft wohnt. Ein anderer Teil der Gruppe stapft querfeldein – sie sehen ein Reh, das vor ihnen durch den Wald hüpft. Nach Müll müssen sie nicht lange suchen. Regina Huttelmeier entdeckt in einem Erdloch einen halben Hausrat – unter dem Laub kommen ein Wäschekorb, ein Blumentopf, Grillutensilien und vieles mehr hervor. Schnell eilen alle herbei. Auch viele Kinder helfen mit. Fast triumphierend halten Frederick (5 Jahre) und Tom (7) eine ausrangierte Teekanne in die Luft, die sie ein paar Meter weiter finden. "Solange wir das Waldstück noch haben, ist es mir ein Anliegen, dass es sauber bleibt", sagt Alfred Marte. Er schwankt zwischen Resignation und Hoffnung, "vielleicht geschieht noch ein Wunder", meint er. Regina Huttelmeier und Margit Born geben sich kämpferisch. Während sie den Unrat aus dem Erdloch Richtung Straße schaffen, sagen sie, dass sie weiter für den Erhalt des Naherholungsgebiets kämpfen wollen. "Sonst wären wir nicht hier", meint Regina Huttelmeier.

Am Ende ist es mehr als ein Container Müll, der zusammen kommt – darunter Fahrräder, ein Fernseher, Autoreifen und sogar eine Computeranlage. Und auch Diebesgut sei bei der Aktion aufgetaucht, berichtet Ursula Jautz: eine 2015 gestohlene Handtasche, noch gefüllt mit Schlüsselbund und Papieren, aber ohne Geldbörse.

Auch stadtweit sind bei der Aktion "Freiburg putzt sich raus" ungewöhnliche Funde zu verzeichnen, etwa das weiße Pulver, das im Stadtteil Weingarten in mehreren Plastikbeuteln aufgetaucht ist (siehe BZ von gestern). Entgegen erster Befürchtungen handelt es sich aber nicht um Drogen, sondern um eine chlorhaltige Substanz. Die Müllmenge, die insgesamt zusammen gekommen ist, kann die Stadtverwaltung noch nicht beziffern.

Ressort: Freiburg

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 14. März 2017: PDF-Version herunterladen

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