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Am Glas des Großvaters genippt?

  • dpa

  • Do, 17. Februar 2022
    Olympische Spiele

Die des Dopings verdächtige Eiskunstläuferin Kamila Walijewa hatte Medienberichten zufolge zwei legale Herzmittel angemeldet.

Kamila Walijewa  | Foto: Peter Kneffel (dpa)
Kamila Walijewa Foto: Peter Kneffel (dpa)
(dpa/BZ). Vor ihrer positiven Dopingprobe hat die russische Eiskunstläuferin Kamila Walijewa Medienberichten zufolge die Einnahme von zwei legalen Herzmitteln angemeldet. Dies nährt einer Einschätzung der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) zufolge Zweifel an der Darstellung von Walijewas Anwälten, die verbotene Substanz Trimetazidin sei versehentlich in den Körper der 15-Jährigen gelangt.

Wie die US-Nachrichtenagentur AP und die New York Times unter Berufung auf Unterlagen aus dem Eilverfahren bei den Winterspielen in Peking berichten, hat Walijewa die Nutzung von Hypoxen und L-Carnitin auf dem Anmeldeformular vor einer Dopingkontrolle angegeben. Diese Substanzen in Verbindung mit Trimetazidin seien ein Hinweis darauf, "dass etwas Ernsteres vorgeht", sagte US-Dopingjäger Travis Tygart. Alle Mittel würden zur Leistungssteigerung eingesetzt. Das schwäche die Glaubwürdigkeit von Walijewas Verteidigungsstrategie, so der Chef der US-Anti-Doping-Agentur.

In einer Dopingprobe der Europameisterin von Ende Dezember war Trimetazidin, das die Blutzufuhr zum Herzen durch Weitung der Blutgefäße fördert, nachgewiesen worden. Der Positiv-Test wurde aber erst während Olympia in China bekannt. Vom Internationalen Sportgerichtshof (CAS) erhielt Walijewa die Starterlaubnis für das Frauen-Einzel, das sie nach dem Kurzprogramm anführt und bei dem an diesem Donnerstag (11 Uhr MEZ) die Entscheidung fällt.

Hypoxen und L-Carnitin sollen das Herz stärken. Ihre Einnahme ist unter bestimmten Bedingungen derzeit erlaubt. Walijewas Anwälte hatten in der CAS-Anhörung argumentiert, die Eiskunstläuferin könnte Trimetazidin unabsichtlich zu sich genommen haben, als sie ein Glas ihres Großvaters benutzte. Trotz ihres positiven Dopingtests vor den Winterspielen darf Walijewa im Fall eines Medaillengewinns im Frauen-Einzel am Sonntag am Schaulaufen der Eiskunstläufer teilnehmen. Das berichtete die russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf den Eislauf-Weltverband (ISU) am Mittwoch.

Derweil ist eine Diskussion um die Trainingsmethoden von Walijewas Trainerin ausgebrochen. Die Moskauer Eiskunstlauf-Medaillenschmiede von Eteri Tutberidse ist berühmt und berüchtigt. Der Dopingskandal um Walijewa hat die Kritik an der Trainerin, ihrem gnadenlosen Drill und rücksichtslosen Verschleiß von Talenten verstärkt. Ist die positiv auf das verbotene Herzmittel Trimetazidin getestete 15-Jährige ein Opfer eines womöglich auch unmoralischen Ehrgeizes? Vieles weist daraufhin, dass im Tutberidse-Verein "Sambo-70" der Erfolg viele Mittel heiligt. Der frühere deutsche Eiskunstlauf-Meister Daniel Weiss sieht Kamila Walijewa "hundertprozentig" als Opfer. "Ich kann mir nie vorstellen, dass Kamila aus Eigeninitiative verbotene Mittel genommen hat", sagte Weiss dem Donaukurier. Das Training bei Tutberidse gehe "über eine Grenze des Erlaubten" hinweg. "Da zählen der menschliche Faktor und Schmerzen wenig", sagte Weiss. Tutberidse (47) formt seit Jahren mit großer Härte Eiskunstlauf-Kinder zu Olympiasiegern, Welt- und Europameistern. Ungeachtet der Kritik ist sie 2020 als "Trainerin des Jahres" vom Weltverband ISU ausgezeichnet worden.

Ressort: Olympische Spiele

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