Ausnahmezustand in Japan

Nach heftigen Regenfällen sterben mehr als 83 Menschen, Dutzende werden vermisst / Millionen müssen ihre Häuser verlassen.  

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Wasser, wohin das Auge reicht: Ein Luftbild der Präfektur Okayama    | Foto: AFP
Wasser, wohin das Auge reicht: Ein Luftbild der Präfektur Okayama Foto: AFP

TOKIO. Es sind dramatische Nachrichten und Bilder, die Japan seit Tagen in Atem halten. Weitgehend hilflos müssen Millionen Einwohner der Industrienation zuschauen, wie extreme Regenfälle Leben und Land zerstören. Mindestens 83 Menschen sind bereits gestorben, die Zahl der Opfer steigt beinahe stündlich. Mehrere Schwerverletzte schweben in Lebensgefahr, Dutzende werden vermisst.

Über vier Millionen Personen mussten wegen der seit Donnerstag anhaltenden verheerenden Niederschläge aus Angst vor Überschwemmungen und Erdrutschen evakuiert werden.    Vor allem im Westen des Inselstaates herrscht Ausnahmezustand. Premierminister Shinzo Abe sprach am Sonntag von einem "Wettlauf gegen die Zeit", um Flutopfer zu retten.

Eine Entspannung der Lage ist nicht in Sicht. Auch am Sonntag warnten Meteorologen vor weiteren schweren Niederschlägen. Die Situation sei extrem gefährlich. In Tokio hatte am Samstag zudem ein heftiges Erdbeben der Stärke 6,0 auf der Richter-Skala die Megametropole erschüttert. Meldungen über Schäden und Opfer liegen noch nicht vor. 

 Von den verheerenden Unwettern ist besonders die Millionenstadt Hiroshima betroffen. Allein dort melden die Behörden 28 Tote und 21 Vermisste. Auf der nahegelegenen südwestlichen Hauptinsel Shikoku starben 19 Menschen. "Noch nie dagewesene Niederschläge" erleben auch die dichtbesiedelten Provinzen Gifu und Kyoto. In der Touristenhochburg Kyoto treten die Flüsse über die Ufer, mehrere Brücken und Ufer mussten gesperrt werden. Auch Tausende ausländische Touristen sind dort gestrandet, der Schienenverkehr ist unterbrochen, darunter auch die wichtige Shinkansen-Verbindung nach Osaka.

In der westlichen Okayama-Präfektur versuchen Rettungsmannschaften mehr als 1000 Menschen zu retten, die sich auf die Dächer ihrer überfluteten Häuser geflüchtet haben. Mit Bannern und in sozialen Netzwerken flehen die Betroffenen um Hilfe. Die Botschaft ist fast immer dieselbe: "Das Wasser steigt! Rettet uns schnell!" In Okayama sind 200 Menschen in einem Krankenhaus eingeschlossen, nachdem ein Fluss über die Ufer getreten war und die Umgebung überschwemmt hatte. Eine Krankenschwester berichtete dem TV-Sender NHK, es fehle bereits an Lebensmitteln, die Strom- und Wasserversorgung sei zusammengebrochen.  Auch in anderen Teilen der Region sind Gebäude überspült, Hunderte Häuser beschädigt, viele so sehr, dass sie vermutlich nie mehr bewohnt werden können. Autos wurden weggerissen und unter Schlammmassen begraben, Erdrutsche begruben ganze Siedlungen, in manchen Orten steht das Wasser mannshoch. Katastrophenalarm herrscht auch in den Millionenstädten Nagasaki und Fukuoka.

In den Krisengebieten sind inzwischen 54 000 Mann für die Rettungs- und Suchtrupps im Einsatz. Mit der Feuerwehr versuchen auch Polizei, die Armee und die Küstenwache, Einwohner in Sicherheit zu bringen. Verteidigungsminister Itsunori Onodera wies die Armee an, alle verfügbaren Mittel für die Katastrophenregionen einzusetzen.

Die sintflutartigen Regenfälle begannen mit einem Taifun am Donnerstag. In der Provinz Kochi auf der Insel Shikoku verzeichnete der japanische Wetterdienst Niederschlagsmengen von 260 Millimetern innerhalb von drei Stunden. Das ist der höchste Wert seit Beginn der entsprechenden Aufzeichnungen im Jahr 1976.
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