Arbeitsmarkt

Bald drei Millionen Arbeitslose in Deutschland

Die Arbeitslosigkeit steigt im Juli saisonbedingt an. Die Grenze von drei Millionen dürfte im August überschritten werden.  

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Fünf vor Zwölf? Die Zahl der Arbeitslo...mauer von drei Millionen durchbrechen.  | Foto: Marcus Brandt (dpa)
Fünf vor Zwölf? Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland wird in wenigen Wochen die Schallmauer von drei Millionen durchbrechen. Foto: Marcus Brandt (dpa)

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland wird in wenigen Wochen die Schallmauer von drei Millionen durchbrechen. Nach 2,979 Millionen und einem saisonbedingt üblichen Anstieg im Juli halten Arbeitsmarktexperten dies für unausweichlich. Drei Millionen Arbeitslose gab es zuletzt im Februar 2015. Doch wo steuert der Arbeitsmarkt hin? Da gehen die Meinungen der Fachleute auseinander.

Der Arbeitsmarktforscher Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sieht die "Chance für eine Trendwende". Das Überschreiten der Drei-Millionen-Marke dürfte nur eine kurze Episode des Sommers 2025 darstellen, so seine Einschätzung vor wenigen Tagen. Die Vorstandschefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, zeigte sich bei der Vorstellung der Juli-Statistik am Donnerstag nicht ganz so optimistisch. Sie geht von einer signifikanten Erholung erst im Herbst 2026 aus. Zwar sei "die Talsohle des Pessimismus" wohl durchschritten, sagte sie. Doch müssten die konjunkturstützenden Maßnahmen der Bundesregierung zunächst einmal Wirkung entfalten, ehe sie mit zeitlichem Nachlauf auf dem Arbeitsmarkt ankommen könnten.

Im Juli ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland im Vergleich zum Vormonat um 65.000 auf 2,979 Millionen Menschen gestiegen. Das sind 171.000 mehr als im Juli 2024, teilte die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg mit. Die Arbeitslosenquote stieg im Vergleich zum Juni um 0,1 Prozentpunkte auf 6,3 Prozent. Allein bei jungen Leuten bis 25 Jahre war im Juli ein Anstieg um mehr als 28.000 zu verzeichnen. Das liegt vor allem daran, dass in diesem Monat viele Ausbildungsverhältnisse enden und nicht alle gleich eine Anschlussbeschäftigung finden. Die Quote ist in den Stadtstaaten Bremen (11,8 Prozent) und Berlin (10,3) am höchsten, in Bayern (4,0) und Baden-Württemberg am niedrigsten. Für ihre Statistik zog die Bundesagentur Datenmaterial heran, das bis zum 14. Juli vorlag.

Die Drei-Millionen-Grenze wurde zuletzt 2015 überschritten

"Der Arbeitsmarkt steht weiter unter Druck. Der Sommer bringt keine Entspannung – dafür braucht es jetzt gezielte Impulse für Investitionen und Beschäftigung", sagte Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD). Dass der Beschäftigungszuwachs im Vergleich zum Vorjahr allein auf ausländische Arbeitskräfte zurückgeht, wertete sie als Zeichen gelingender Integration.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte ein Gegensteuern der Bundesregierung. "Fast drei Millionen Arbeitslose sind zu viel", sagte Vorstandsmitglied Anja Piel. Arbeitsagenturen und Jobcenter dürften nicht kaputtgespart werden. Nötig seien vielmehr durchfinanzierte Konzepte für Arbeitsmarktpolitik und Weiterbildung. Auch der Sozialverband Deutschland forderte, es dürfe keine weiteren Einsparungen, etwa beim Bürgergeld geben, dies führe nur zur Verunsicherung, sagte Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier.

Zahl der offenen Stellen sinkt weiter

Nahles betonte jedoch, die Jobcenter seien gut finanziert. Ziel sei es, eine stärkere Aktivierung von Arbeitslosen zu erreichen. Dies könne dann zu Einsparungen beim Bürgergeld führen. Wenn die Investitionspakete Wirkung zeigten, könne es zu einer Belebung kommen. "Dann kann diese Logik im Zweifel aufgehen."

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger verlangte eine Neuausrichtung am Arbeitsmarkt. "Fast drei Millionen Arbeitslose sind eine klare Botschaft: Wir brauchen einen Neustart in der Arbeitsmarktpolitik", betonte er. Die Politik der Ampel-Regierung mit einigen Schönheitskorrekturen weiterzuführen, reiche nicht aus. "Vermittlung muss ganz oben auf der Agenda der Arbeitsmarktpolitik stehen", sagte Dulger. Die Arbeit der Bundesagentur für Arbeit und die zentralen arbeitsmarktpolitischen Instrumente müssten wieder konsequent auf dieses Ziel ausgerichtet werden.

Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen gab die Bundesagentur mit 628.000 an. Das sind 75.000 weniger als vor einem Jahr. Insgesamt erhielten im Juli 991.000 Menschen Arbeitslosengeld. 3,877 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter waren berechtigt, Bürgergeld zu erhalten. Darin sind auch Menschen enthalten, die Arbeit haben, deren Verdienst aber nicht zum Lebensunterhalt ausreicht.

Schlagworte: Rainer Dulger, Andrea Nahles, Michaela Engelmeier
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