Basteln, Blasen und Bangen
Landjugendgruppen schaffen den Rekord: 404 Menschen-Trauben treffen sich in Ihringen für den Eintrag ins Guinnessbuch.
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BREISGAU-HOCHSCHWARZWALD. Sie haben geplant, gebastelt, gebangt und schließlich gefeiert. Nun wird gewartet. In zwei Wochen rechnen die Mitglieder der Landjugendgruppen aus Bötzingen, Ihringen, Merdingen, Oberbergen und Tiengen sowie die Organisatoren vom Dachverband Bund Badischer Landjugend (BBL) mit einer Nachricht aus London. Dort muss der Rekord von den Prüfern des Guinness-Verlages abgesegnet werden. Bis es aber überhaupt gelang, "die größte Zusammenkunft von als Früchten verkleideten Menschen an einem Platz" zusammen zu bekommen, gab es reichlich zu tun.
Ebenfalls noch recht entspannt geht es in der Aula zu. Hier liegen Berge von Luftballons, aufgeteilt in grüne für Weißweintrauben und violette für Rotweintrauben, wohlgeordnet in Pferchen. Der Raum ist erfüllt vom Schwatzen, hin und wieder lautem Platzen eines Ballons und dem Pfeifton elektrischer Aufblasmaschinen. Die Airforce Four, eine Hightech-Ballonpustemaschine füllt vier Ballons zeitgleich. Sie gehört Sonja Meitzner, Inhaberin von Sonjas Ballonshop. Ihr Team hatte vom Rekordversuch erfahren und professionelle Hilfe angeboten. Darüber freut sich BBL-Vorstandsmitglied Dominik Schopp. "Gestern Abend haben wir angefangen aufzubauen, heute sind wir seit 10 Uhr hier und blasen Ballons auf", berichtet Schopp. Wir, das sind rund 100 Mitglieder der Landjugendgruppen, die zum Traubenbasteln eingeteilt sind und sich nach und nach dann selbst in Trauben verwandeln werden, so die Idee.
"Klar schaffen wir das", sagt ein junger Mann, der oben noch Mensch und unten bereits Traube ist. 50 Ballons braucht es, um aus einem weißen Overall, der eher an die Spurensicherung im Fernsehkrimi erinnert, eine veritable Weintraube zu machen. Nicht ganz einfach ist es, die Ballons mit Sicherheitsnadeln an die Overalls zu heften, denn Nadeln und Ballons sind eine heikle Kombination. "Schon fünf", seufzt eine LaJu-"Kostümbildnerin" auf die Frage, wie viele Trauben sie denn heute bereits gebastelt habe.
Apropos Krimi: Heléna Krampe von der BBL-Geschäftsstelle empfängt draußen den Offiziellen. Denn die Guinness-Regeln sind streng, und zum Traubenzählen braucht es eine Vertrauensperson. Bernd Belle ist nicht nur Bötzingens Bürgermeisterstellvertreter, sondern auch der Chef der Freiburger Kriminalpolizei. "Der Beruf kam der Landjugend entgegen", sagt Belle schmunzelnd. Das sollte auch die Guinness-Prüfer überzeugen.
Zunächst wird der Sportplatz unter die Lupe genommen. Dieser ist mit Flatterband in acht Quadranten unterteilt – jeweils einer für 50 menschliche Trauben. Aber es gibt einen zweiten Eingang. Das könnte die Guinness-Redaktion stören, denn theoretisch könnten Trauben entweichen und sich erneut bei der Zählstelle anstellen. Auch die missfällt dem Kommissar. Mittels vier Tischen wird Regie eine Vereinzelungsanlage gebaut, ein Trichter, durch dessen Ende nur noch ein Kostümierter passt. Eine kleine Traube darf zu Testzwecken schon mal durchlaufen. Inzwischen ist es fast halb fünf.
Kameras werden installiert, denn der Rekordversuch muss minutiös auf Video aufgezeichnet werden. Vor der Aula liegen Listen aus, in die sich jeder einträgt, der ein Kostüm tragen wird. Beim Blick darauf wird es Heléna Krampe bang. Um 17 Uhr soll der Rekordversuch starten, um 16.30 Uhr fehlen noch gut 60 Früchte, um die Rekordmarke von 304 zu knacken. Unter den Beeren werden Handys hervorgezaubert, es wird eifrig telefoniert. Bernd Belle hingegen geht zur Kaltakquise über. Jeder Zivilist auf dem Platz wird freundlich, aber bestimmt aufgefordert, sich umgehend in eine Traube verwandeln zu lassen. Trauben, die noch keinen vorgeschriebenen Kopfputz – ein Pappstirnband mit Weinblatt – tragen, werden ermahnt, diesen vor der Zählung anzulegen. Um 16.40 kommt die Feuerwehr. 20 Mann von der Bötzinger Wehr direkt nach ihrer Herbstübung nach Ihringen aufgemacht. In Windeseile werden aus den Wehrmännern Weintrauben.
Um 17 Uhr dämmert’s, eine Kamera versagt den Dienst. Dafür springt der Berichterstatter ein, weil ein zweiter Fruchtzähler fehlt. Kamera weg, Zähler her. Pro Traube ein Klick. 17.13 Uhr geht es los. Am Trichter stehen zwei Ordnertrauben, die die Früchte ermahnen, nicht zu schnell vorbei zu laufen. Alle 50 Trauben ein kurzer Stopp. Zähluhren vergleichen, Quadranten füllen. Und plötzlich ist es klar: Der Rekord ist geschafft.
Traube 304 betritt den Platz unter Jubel. 100 weitere Früchte von Kleinkind bis Großmutter drängen hinterher. Fünf Minuten verharren die Trauben vorschriftsmäßig und singen "We will rock you", dann gibt es kein Halten mehr. Ballons werden zum Platzen gebracht, es wird getobt und getanzt. Nur die zehn Offiziellen müssen noch ein wenig warten mit dem Feiern, denn es gilt, die komplizierten Guinness-Formulare auszufüllen.
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