Böse Wesen im Waisenhaus

Im Fantasy-Roman "Der Wunderling" erzählt Mira Bartók von wahrer Freundschaft.  

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Über alles kann man gar nicht schreiben, was dem Wunderling so passiert. Aber so
einiges schon. Das Wichtigste: Er ist ein Erdling, wie es im Roman heißt, halb Mensch, halb Fuchs, ein seltsames Mischlingswesen mit nur einem Ohr. Das beklopft er hektisch mit seiner Pfote, sobald er nervös wird. Und dazu hat er oft Grund, denn er stolpert von einem riskanten Abenteuer ins nächste.

"Der Wunderling" mit dem Untertitel "Liederfänger" ist eine klassische, märchenähnliche Saga in drei Teilen, geschrieben von der amerikanischen Autorin Mira Bartók. Mit viel Fantasyelementen in einem futuristisch-viktorianischen Ambiente angesiedelt, erzählt sie von wahrer Freundschaft und dem spannenden Weg zu einem selbstbewussten Wesen trotz widrigster Umstände, von heftiger Geschwisterrivalität, von Eifersucht, Zerstörungswut, Machtmissbrauch und verlogener Überheblichkeit.

Zusammen mit seiner Freundin Trixi, ebenfalls ein Mischwesen, ein seltsames kleines Vögelchen mit Stummelflügeln, aber großem Erfindergeist, haut er aus Miss Carbunkles nahezu lichtlosem Heim für widerspenstige und missratene Geschöpfe ab, in dem er und seinesgleichen kaum etwas zu essen bekommen und schuften müssen bis zum Umfallen. Trotzdem hat die quirlige Trixi lange gebraucht, bis der ängstliche Erdling es wagte, mit ihr zu fliehen und sich auf die Suche nach seiner Herkunft zu machen, für die er nur einen kleinen Schlüssel und das Stück der Babydecke als Anhaltspunkt hat. Zuerst hatte er nicht mal einen richtigen Namen. Die bösartige Miss Carbunkle hat ihm einfach die Nummer 13 gegeben, weil sie fand, mehr sei für diesen mickrigen Erdling nicht nötig. Erst als er Trixi vor den brutalen Schikanen anderer Zöglinge des Heims rettete, fand sie, dass er den Namen König Arthurs tragen solle, ganz wie der legendäre König mit seinem Schwert Excalibur.

Arthur wird irgendwann bewusst, dass er hören kann, was kein anderer wahrnimmt: zum Beispiel wie die kleinen Mäuse in den Wänden flüstern. Und das Beste von allem: Er versteht auch so manches davon. Außerdem scheint er selbst wunderschön singen zu können – wenn er schläft. Und er meint, sich an eine Melodie aus vergangenen Zeiten erinnern zu können. Er und Trixi wollen nach Lichterburg. Am Flussufer der Stadt trifft er auf Quintus, der ihm weiterhelfen will. Der ist der Anführer einer kleinen Diebestruppe, die in der unglaublich schmutzigen Villa Irrwege lebt, in einem ebenso heruntergekommenen Stadtteil. Denn in den Gegenden der "Nobelhüte" mit den schönen weißen Häusern, den schönen Frauen und den Männern in weißen Kleidern dürfen sich die "Schlotterer" nicht aufhalten.

Und schon wieder bekommt er einen neuen Namen: Spieker. Den hat ihm Quintus verpasst. Aber wer ist er eigentlich? Die Suche nach seiner wahren Identität, im Roman "seine Bestimmung" genannt, erweist sich immer wieder aufs Neue als höchst gefährlich. Er landet in der Unter-Tage-Stadt Finstergrund, begegnet uralten Wesen mit übernatürlichen Kräften und muss zurück ins Waisenhaus, um alle bösen Kräfte zu besiegen – einschließlich der Heimleiterin und ihrem tückischen Mantikor, einem Wesen mit Männerkopf, Löwenleib und Drachenschwanz. Die wollen nämlich alle Liederfänger der Welt, mit denen man Musik hören kann, vernichten, um sich dafür zu rächen, dass Miss Carbunkles Zwillingsschwester Phoebe Nightingale von allen geliebt wird. Warum die eine so böse, die andere so gut ist, erklärt Bartók – das ist außergewöhnlich für diese Art von Geschichten – psychologisch schlüssig anhand der sehr unterschiedlichen Wertschätzung und Zuwendung, die sie zuhause erfahren haben.

Mira Bartók: Der Wunderling. Aus dem Englischen von Sabine Schulte. Aladin Verlag, 2017. 480 Seiten, 16,95 Euro. Ab 10.
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