Baden-Württemberg

Regionalbahn entgleist bei Riedlingen im Landkreis Biberach – 3 Todesopfer, mehr als 40 Verletzte

Im Kreis Biberach im Südosten Baden-Württembergs verunglückt eine Regionalbahn – drei Menschen sterben, etliche werden verletzt. Die Ermittler gehen von einem Hangrutsch als Unfallursache aus.  

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Zugunglück im Landkreis Biberach Foto: Thomas Warnack (dpa)

Es sind schlimme Szenen, die sich am Sonntagabend in Oberschwaben abspielen: Einsatzkräfte knien auf einem halb umgestürzten Waggon, versuchen die Fahrgäste aus dem Zug zu retten. Im Hintergrund sind Schreie zu hören.

Polizei meldet drei Todesopfer

Ein Sprecher der Bundespolizei Stuttgart berichtete zunächst von "mehreren Verletzten"; Sicherheitskreise sprachen gegenüber der Nachrichtenagentur dpa von "mehreren Toten". Nach 21 Uhr dann traurige Gewissheit: Nach Angaben der Polizei hat das Unglück drei Menschen das Leben gekostet. Und am Montagvormittag steht fest: Nach Angaben der Polizei sind drei Menschen ums Leben gekommen: eine 70-jährige Mitreisende, ein 32 Jahre alter Lokführer und ein 36 Jahre alter Auszubildender.

Kurz vor Mittagnacht folgt eine erste Bilanz der örtlichen Feuerwehr: Bei dem Zugunglück sind drei Menschen getötet und mehr als 40 verletzt worden, davon 25 Menschen schwer. Das sagte die Kreisbrandmeisterin des Landkreises Biberach am späten Abend am Unfallort. Unter den drei Toten befindet sich nach Angaben der Kreisbrandmeisterin mindestens ein Mitarbeiter der Deutschen Bahn.

Die Leitstelle Reutlingen meldete einen sogenannten "Massenanfall von Verletzten" – das bezeichnet im Rettungsjargon eine Situation, bei der eine große Zahl von Verletzten oder Erkrankten versorgt werden muss.

Unwetter kurz vor dem Unglück

Am Morgen danach dann die Meldung: Nach ersten Ermittlungen der Polizei ist das Unglück vermutlich durch Starkregen ausgelöst worden. "Das Wasser löste einen Erdrutsch im Böschungsbereich zu den Gleisen hin aus, was wiederum wohl die Entgleisung verursachte", teilten die Ermittler am frühen Montagmorgen mit.

Zum Zeitpunkt des tödlichen Zugunglücks sind laut Deutschem Wetterdienst riesige Mengen Regen in Riedlingen vom Himmel geprasselt. In der Gegend habe "extrem heftiger Starkregen" geherrscht. Am frühen Sonntagabend seien bis zu 50 Liter pro Quadratmeter innerhalb einer Stunde gefallen, sagte DWD-Sprecher Marco Pukert. "Dies ist die höchste Stufe", ordnete einer seiner Kollegen ein.

Der DWD habe am genauen Unglücksort keine Messstation. Die Auswertung erfolgte laut einem DWD-Sprecher rückblickend anhand von Radardaten. Die nächstgelegene Niederschlags-Messtation befinde sich in Altheim (Kreis Biberach), rund sechs Kilometer vom Unglücksort entfernt. Dort seien 22 Liter pro Quadratmeter innerhalb von zwei Stunden gemessen worden. Daran sehe man, wie sich die Regenmassen trotz der relativ kurzen Entfernung entwickelt haben.

Nach vorläufigen Ermittlungen der Polizei war nach dem Starkregen Erde und Geröll auf die Gleise der Bahnstrecke gerutscht. Der Regionalexpress fuhr demnach über den Erdrutsch und entgleiste dann.

Was genau ist passiert?

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl sagte bereits am Unglückstag: "Es hat hier starke Regenfälle gegeben, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch der Starkregen und ein damit verbundener Erdrutsch ursächlich gewesen ist." Das sei nun Gegenstand der laufenden Untersuchungen.

Wie genau es zu der Katastrophe kommen konnte, steht am Tag danach im Fokus der Ermittler. Die gingen davon aus, dass der Zug mit 80 km/h unterwegs war. Die Erforschung des Unfallhergangs habe erste Priorität, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Vor Ort waren Fachleute der Kriminaltechnik und Experten für Bahnunfallermittler. Wie lange die Ermittlungen vor Ort noch dauern, sei nicht absehbar, so der Sprecher.

Zugunglück in Riedlingen: Was wir wissen – und was nicht

Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes zogen in den frühen Abendstunden unwetterartige Gewitter über die Region. Lokal seien in kurzer Zeit 30 bis 40 Liter pro Quadratmeter gefallen, sagte Meteorologe Dominik Smieskol in München. Allerdings habe der DWD am genauen Unglücksort keine Messstation, um für dort konkrete Angaben machen zu können. In der Nacht war es laut einem Reporter vor Ort bewölkt, aber vorerst trocken. Am frühen Morgen regnete es wieder.

Spitzenpolitiker kondolieren

Mehrere Politiker bekundeten am Sonntagabend ihre Anteilnahme. So schrieb Bundeskanzler Friedrich Merz auf dem Portal X: "Wir trauern um die Opfer. Ihren Angehörigen spreche ich mein Mitgefühl aus." Mit dem Innenminister und dem Verkehrsminister stehe er im engen Kontakt und habe sie gebeten, die Rettungskräfte mit allen Mitteln zu unterstützen.

"Mein tief empfundenes Beileid gilt den Angehörigen der Opfer."Ministerpräsident Kretschmann

"Aktuell lässt sich das gesamte Ausmaß des Zugunglücks bei Riedlingen nur erahnen", erklärte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder. Die Lage vor Ort sei erschütternd. "Wir stehen im engen Austausch mit der Bahn und unterstützen, wo wir können. Unsere Experten sind unterwegs, um gemeinsam mit den Ermittlungsbehörden die Unfallursache zu untersuchen."

Die Deutsche Bahn äußerte sich "tief bestürzt". Sie unterstütze die Behörden bei den Ermittlungen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sprach von einer tragischen Nachricht. Er sei erschüttert. "Mein tief empfundenes Beileid gilt den Angehörigen der Opfer."

Mindestens zwei Waggons entgleist

In dem betroffenen Zug der Linie RE 55 saßen laut einem Sprecher der Bundespolizei rund 100 Menschen. Der Regionalexpress war von Sigmaringen nach Ulm unterwegs, als gegen 18.10 Uhr in der Nähe des Riedlinger Stadtteils Bechingen den Angaben zufolge mindestens zwei Waggons entgleisten. Der Unfallort liegt rund 45 Kilometer südöstlich von Ulm.

Die Leitstelle Reutlingen meldete einen sogenannten "Massenanfall von Verletzten" – das bezeichnet im Rettungsjargon eine Situation, bei der eine große Zahl von Verletzten oder Erkrankten versorgt werden muss. Am Unfallort waren laut Innenminister Strobel mehrere hundert Einsatzkräfte mit entsprechendem Gerät und sechs Rettungshubschrauber im Einsatz.

Auch Einheiten des Bayerischen Roten Kreuzes unterstützen im Nachbar-Bundesland. Weitere Einheiten könnten bei Bedarf nach Baden-Württemberg verlegt werden, hieß es in einer Mitteilung. Für Angehörige wurde eine Sammelstelle in einem Bürgerzentrum eingerichtet.

Wie lange die Bahnstrecke noch gesperrt bleibt, war zunächst unklar. Auf der Internetseite der Bahn informierte der Konzern, dass der Bahnverkehr zwischen Munderkingen und Herbertingen eingestellt sei. Am Montag sollten laut Bahn Ersatzbusse die Fahrgäste in dem Bereich transportieren.

Schlagworte: Winfried Kretschmann, Patrick Schnieder, Friedrich Merz

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