Vor der EU-Wahl
BZ-Gespräch: Günther Oettinger fordert in Freiburg mehr Einsatz für Europa
Europa wählt im Juni – in Zeiten der vielen Krisen: Wie gut ist die EU auf diese Herausforderungen vorbereitet? Der langjährige EU-Kommissar Günther Oettinger analysierte in Freiburg die Lage.
Do, 25. Apr 2024, 21:37 Uhr
Südwest
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Fast zehn Jahre lang war Günther Oettinger Kommissar in Brüssel, 2019 hat er sich aus Europas Hauptstadt verabschiedet. Die Zukunft der EU aber treibt ihn weiter um: In Zeiten der vielen Krisen trete Europa nicht stark genug auf, sagte er am Donnerstagabend in Freiburg. Oettinger mahnte neue Initiativen an: "Man kann nur hoffen, dass sich nach der Europawahl Emmanuel Macron, Olaf Scholz mit Polens Ministerpräsident Donald Tusk an einen Tisch setzen". Das Trio müsse Europa in den zentralen Fragen stärken, meinte Oettinger bei einem Gesprächsabend, den die Landeszentrale für politische Bildung und die Badische Zeitung organisiert hatten. "Europa – wohin gehst du?" lautete die zentrale Frage des Abends in der Pauluskirche.
"Was Macron an Empathie zu viel hat, hat Scholz zu wenig"Günther Oettinger
Für Oettinger steht fest, für ein stärkeres Europa müssen vor allem Frankreichs Präsident Macron und Kanzler Scholz ein besseres Arbeitsverhältnis finden. "Was Macron an Empathie zu viel hat, hat Scholz zu wenig", sagte der frühere CDU-Politiker. Scholz müsse Macron gerade nach seiner neuen Sorbonne-Rede vom Donnerstag "die Hand reichen". Der Kanzler dürfe nicht den gleichen Fehler wie seine Vorgängerin machen. Seiner Parteifreundin Angela Merkel wirft Oettinger vor, auf Macrons Avancen für mehr Zusammenarbeit nie geantwortet zu haben. "Sie hat Macron am langen Arm verhungern lassen."
Die Europäer als neue Friedenspolizei auf dem eigenen Kontinent
Mehr Einsatz müsse Europa vor allem gegenüber "Verbrecher Putin" zeigen. Die EU-Staaten zusammen seien wirtschaftlich viel stärker als Russland. "Wenn wir nicht in der Lage sind, kriegstüchtig zu werden, werden wir uns wundern, was an Frieden, Freiheit und Demokratie kaputtgeht", sagte Oettinger. Das neue Waffenpaket aus den USA werde wohl das letzte sein. Die USA würden sich immer weniger in Europa engagieren. "Die Europäer müssen nun die Friedenspolizei auf dem Kontinent sein", betonte der 70-Jährige im Gespräch mit Michael Wehner von der Landeszentrale für politische Bildung und BZ-Chefredakteur Thomas Fricker.
Wenige Wochen vor der Europawahl im Juni sagen die Umfragen Populisten, Rechtsextremen und sonstigen EU-Gegnern hohe Wahlergebnisse voraus. Ein schnelles Gegenmittel fällt auch Europakenner Oettinger nicht ein. Für den früheren Energie- und Haushaltskommissar hilft vor allem wirtschaftlicher Erfolg gegen Extremisten. Gerade beim Wirtschaftswachstum stünden die EU und insbesondere Deutschland aber schlecht da: "Wir schrumpfen." Mit einer klugen Wirtschaftspolitik müsse erreicht werden, dass "Deutschland und Europa nicht absteigen". Für ihn sei klar: "Wenn die Menschen Wohlfahrtsverluste befürchten und zugleich die Migration nicht klug gesteuert wird, dann haben Populisten Chancen."
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