Wohnraum

In Heidelberg entsteht ein Wohnhaus aus dem 3D-Drucker

In nur 33 Tagen wird in Heidelberg ein Haus gedruckt. So soll neuer Wohnraum schneller entstehen . Doch kann diese Technik wirklich günstiger und nachhaltiger bauen als herkömmliche Methoden?  

Mail

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
Ist der 3D-Druck von Wohngebäuden eine Zukunftstechnologie?  | Foto: Uwe Anspach (dpa)
Ist der 3D-Druck von Wohngebäuden eine Zukunftstechnologie? Foto: Uwe Anspach (dpa)

Das dreigeschossige Wohnhaus in der Heidelberger Südstadt wirkt mit den grauen Wänden mit Rillen und den runden Ecken futuristisch. Der Rohbau steht, ein Gerüst führt außen herum, die Fenster fehlen noch. Nebenan druckt der Portaldrucker mit Brummen und Sirren bereits das nächste Wohnhaus. Die Düse fährt an dem 13,5 mal 20 Meter langen Metallrahmen entlang und spritzt den Beton in schmalen Streifen auf die Bodenplatte. Langsam wachsen die Wände des Erdgeschosses empor - bis zu eineinhalb Meter pro Tag.

In dem Wohngebiet entstehen drei 3D-gedruckte Wohnhäuser - laut Hersteller 30 Prozent schneller und 10 Prozent günstiger als ein herkömmliches Mehrfamilienhaus. Der Experte Viktor Mechtcherine von der Technischen Universität Dresden sagt: "Wenn diese Zahlen zutreffen, wäre die Kostenreduktion durch den 3D-Druck im Vergleich zum konventionellen Bau tatsächlich ein Meilenstein." Der CO2-Fußabdruck soll bei dem Projekt ebenfalls geringer sein.

Ein Haus in weniger als einem Jahr erstellen

Laut dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung müssten bis zum Jahr 2030 jährlich 320.000 Wohnungen gebaut werden. 2024 wurden demnach allerdings nur gut 250.000 fertiggestellt. Könnten 3D-gedruckte Gebäude die Wohnungsnot in Deutschland lindern? Welches Potenzial sehen Experten in dem 3D-Druck-Verfahren für Wohngebäude?

"Wir sagen, dass wir vom Bauantrag - wenn die Behörden mitmachen - bis zur Fertigstellung, es schaffen, unter zwölf Monaten hier ein Gebäude zu erstellen", sagt Bauherr Hans-Jörg Kraus von der Krausgruppe. Auf herkömmliche Weise wäre es nicht unter zwei Jahren machbar. Das dreigeschossige Wohnhaus mit zwölf Wohnungen und insgesamt 525,8 Quadratmetern Wohnfläche sei in 33 Tagen gedruckt worden.

Flachdach, kein Keller, keine Tiefgarage

Gedruckt werden allerdings nur die Wände. Die Bodenplatte und die Decken sind konventionell hergestellt worden, sagt Kraus. Die Häuser haben Flachdächer, keinen Keller und keine Tiefgarage. Für den Aufbau der Wände braucht man laut Kraus zwei, drei Personen im Vergleich zum doppelten Personaleinsatz beim konventionellen Bau.

Laut Hersteller soll die Technik günst...er sein als die herkömmliche Bauweise.  | Foto: Uwe Anspach (dpa)
Laut Hersteller soll die Technik günstiger und schneller sein als die herkömmliche Bauweise. Foto: Uwe Anspach (dpa)

Waldemar Korte, Geschäftsführer von Korte Hoffmann Gebäudedruck, sagt zudem mit Blick auf die Kosten: "Normalerweise sprechen wir von Bruttopreisen pro Quadratmeter Wohnfläche, die zwischen 3.000 und 3.500 Euro liegen - und mit dem Dreihaus kommen wir momentan auf 2.900 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche." Das Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen hat das Konzept der sogenannten Dreihäuser mit der Firma Peri 3D Construction aus Bayern entwickelt.

Software erstellt 3D-Modell von Gebäude

Korte hat für das Projekt von der baden-württembergischen Landesstelle für Bautechnik eine Zustimmung im Einzelfall erhalten, wie auch die Behörde bestätigt. Laut dem Architekten gibt es grundsätzlich schon alle notwendigen gesetzlichen Grundlagen, um Gebäude im 3D-Druck herzustellen.

Der Entwurf eines 3D-gedruckten Gebäudes erfolgt demnach wie üblich auf dem Papier. Die entsprechende Software erstellt anschließend ein 3D-Modell des Gebäudes und legt damit auch fest, wo der Drucker den Beton drucken soll. Mit Tablet und Laptop wird auf der Baustelle etwa die Menge des Betons, der aufgetragen wird, kontrolliert sowie dessen Konsistenz.

Besonderer 3D-Druck-Beton mit besserer CO2-Bilanz

Der spezielle 3D-Druck-Beton stammt von Heidelberg Materials - nach Angaben des Unternehmens mit einer deutlich besseren CO2-Bilanz als bei der Verwendung von herkömmlichem Zement. Zahlen nennt das Unternehmen aber nicht. Für eines der Häuser werde zudem ein Net-Zero-Zement auf Basis von CO2-Abscheidung und -Speicherung (Carbon Capture and Storage, kurz: CCS) verwendet, teilt das Unternehmen mit. Dabei wird das abgeschiedene CO2 dauerhaft im Meeresboden gespeichert. Zusätzlich verbessern laut Korte auch noch Einsparungen beim Baumaterial in der Fassade die CO2-Bilanz.

Die Meinungen der Experten in Bezug auf die Technologie gehen auseinander. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung sieht durchaus Einsparpotenziale bei den Baukosten sowie bei den Ressourcen, etwa durch sehr geringe Wandstärken. Allerdings: "Eine entscheidende Beschleunigung oder Kostenvergünstigung bringt der 3D-Druck von Wohngebäuden nach dem derzeitigen Stand der Entwicklung nicht mit sich."

Experte sieht flächendeckende Nutzung in der Zukunft

Bauingenieur Mechtcherine von der Technischen Universität Dresden sieht in dem 3D-Druck von Gebäuden dagegen eine Zukunftstechnologie: "Perspektivisch wird sich das digitale und weitgehend automatisierte Bauen – sowohl mit Beton-3D-Druck als auch mit anderen digitalen Fertigungsverfahren und häufig in Kombination mit konventionellen Bauweisen – flächendeckend im Wohnungsbau durchsetzen." Die Technische Universität Dresden entwickelt seit 2014 selbst ein Beton-3D-Druckverfahren.

Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen bewertet den 3D-Druck in Deutschland noch als in der Erprobungsphase und damit bislang nur mit begrenzter Bedeutung. Zudem stelle sich hinsichtlich der weiterhin CO2-intensiven Zementnutzung beim Beton-3D-Druck die Frage, inwieweit alternative Druckmaterialien wie Lehm als nachhaltigere Optionen eingesetzt werden könnten, teilt das Ministerium mit.

Experte sieht Konkurrenz durch Fertigteilbau

Auch Experte Frank Dehn vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sieht den 3D-Druck nicht als flächendeckende Lösung für den Wohnungsbau. "Seine Vorteile liegen in der schnellen Herstellung sehr individueller Bauteile mit geringen Stückzahlen – ähnlich wie beim 3D-Druck mit anderen Materialien", sagt der Bauingenieur. "Im Bereich des Wohnungsbaus wird der Beton-3D-Druck mit modularen Fertigteilbauweisen aus Stahlbeton und Mauerwerk konkurrieren."

Schlagworte: Hans-Jörg Kraus, Viktor Mechtcherine, Waldemar Korte

Weitere Artikel