Daheim in zwei Welten

Wie ist es, wenn die Eltern gehörlos sind? / Ein Besuch bei Familie Rudic in Gundelfingen.  

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Die Rudics zeigen ihre Namensgebärden, die in der Gebärdensprache von einem persönlichen Merkmal abgeleitet werden. Bei Kreso Rudic (l.o.) sind das die Sommersprossen, bei Luca (l. u.) ist es eine Verletzung, die er als Kleinkind an der Stirn hatte, bei Nino sein strahlendes Lachen und bei Tatjana Rudic die spitze Nase. Foto: Sonja Zellmann
Nino Rudic ist zehn Jahre alt, spielt gern Fußball und wohnt in Gundelfingen mit seinem Bruder Luca (5) und seinen Eltern. Eine Familie, wie viele andere, denkt ihr? Nicht ganz, denn Ninos Eltern sind gehörlos – er und Luca nicht. Deshalb werden bei den Rudics zwei Sprachen gesprochen: die Gebärdensprache, die mit den Händen, und die Lautsprache, die mit der Stimme gesprochen wird.

"Für mich ist die Gebärdensprache meine Muttersprache", erzählt Nino. "Die habe ich als Erstes gesprochen." Klar, denn das ist die Sprache seiner Eltern. Die Lautsprache hat er dann als Kleinkind in der Krabbelgruppe gelernt und von Oma und Opa, die in Offenburg leben.

Wenn in der Familie jemand gehörlos ist, läuft manches anders als bei Hörenden. "Wenn ich mit meiner Mama reden möchte, kann ich nicht einfach durchs Haus rufen, sondern ich gehe zu ihr, tippe sie an, wenn sie nicht sowieso zu mir schaut, und dann können wir reden", sagt Nino. Und wie ist das mit so Dingen wie Fernsehen und Telefonieren? "Unser Telefon haben wir nur für die Jungs gekauft", erzählt Mama Tatjana Rudic mit Gebärden. "Wir Eltern benutzen E-Mail, oder telefonieren übers Internet mit Bild, damit wir uns in Gebärdensprache unterhalten können." Einen Fernseher hat die Familie auch: "Es gibt ja Sendungen mit Gebärdensprache oder mit Untertiteln, wo man mitlesen kann, was gesprochen wird."

Wenn Nino ein Wort in der Lautsprache neu lernt, das er noch nicht als Gebärde kennt, kann er es erstmal mit dem Fingeralphabet buchstabieren. Da gibt es für jeden Buchstaben ein Zeichen. Seine Eltern helfen ihm dann weiter. In vielen Fällen kann man die Gebärde daraus ableiten, wie etwas aussieht oder was man mit etwas macht. Für "Teller" zeichnet man zum Beispiel mit einem Finger einen Kreis über die Handfläche, für "Messer" macht man eine Schneidebewegung mit den Zeigefingern.

Kinder wie Nino und Luca nennt man Codas. Das ist eine Abkürzung. Sie steht für Englisch "Child of deaf adults" – Kind gehörloser Erwachsener. Ninos bester Freund ist auch ein Coda. Die Rudic-Jungs unternehmen viel mit anderen Codas und fühlen sich mit ihnen besonders wohl, da sie alle sowohl in der Welt der Gehörlosen als auch in der der Hörenden leben. Und solche Gemeinsamkeiten verbinden.

Viele Hörende stellen sich vor, dass Kinder wie Nino häufig für ihre Eltern sprechen und übersetzen. Aber das wollen Tatjana und Papa Kreso Rudic auf keinen Fall. "Unsere Jungs sollen sich nicht um uns kümmern. Wir verständigen uns mit Gesten oder schreiben auch mal etwas auf, damit es der Gesprächspartner lesen kann", sagt Kreso Rudic. Und wenn Dinge wie ein Arztbesuch, ein Elternabend oder ein Zeitungsinterview anstehen, kommt ein Gebärdendolmetscher mit, dessen Beruf es ist, zwischen Gehörlosen und Hörenden zu übersetzen.

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