"Das sind gefährliche Begriffe"

BZ-INTERVIEW mit dem Politikwissenschaftler Herfried Münkler über Demütigung, Erniedrigung und Würde im Verhältnis zwischen Völkern.  

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Protests as Merkel visits  | Foto: Orestis Panagiotou
Protests as Merkel visits Foto: Orestis Panagiotou

Die Regierung von Alexis Tsipras in Athen reklamiert für sich, in den Verhandlungen mit den Gläubigern auch für die Würde der Griechen zu streiten. Im Russland des Kremlchefs Wladimir Putin ist viel von Demütigung und Erniedrigung durch den Westen die Rede. Darüber, welche Rolle solche kollektiven Gefühle in der internationalen Politik spielen, sprach Dietmar Ostermann mit dem Politikwissenschaftler Herfried Münkler.

BZ: Herr Münkler, in Artikel 1 des Grundgesetzes steht, die Würde des Menschen ist unantastbar. Gibt es auch so etwas wie die Würde von Völkern?
Münkler: Da gibt es einen entscheidenden Unterschied. Der Begriff der Würde des einzelnen Menschen stellt im Grunde einen Schutz des Individuums gegen Übergriffe dar. Seine Übertragung auf die Würde von Völkern ist hingegen eine politische Konstruktion, da wird die Würde in einen Kollektivsingular verwandelt, hinter dem sich in der Regel politische Absichten verbergen. Die Würde von Völkern ist deshalb auch kein Schutzbegriff, sondern ein Anspruchsbegriff gegenüber anderen Akteuren. Es ist etwas ganz anderes.
BZ: In aktuellen Krisen und Konflikten ist aber oft von verletzter Würde und einem Gefühl der Erniedrigung die Rede – und viele Menschen etwa in Griechenland oder Russland scheinen das auch so zu empfinden.
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