BZ-Serie
Der Hartheimer Esel Angelo liebt das Feuer und war schon auf dem Jakobsweg
Es gibt ein paar Klischees, mit denen Esel zu kämpfen haben. Darüber können die Vierbeiner Angelo und Paulina aus Hartheim nur lachen. Oder welcher Esel war schon auf dem Jakobsweg in Spanien und liebt Lagerfeuer?
Mi, 6. Aug 2025, 16:00 Uhr
Hartheim
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen

Dunkelgraues Fell an Kopf und Hals, hellgraue Farben an den oberen Enden der Beine, mittelgraue Nüstern und natürlich lange grau-braune Ohren, so stehen die beiden Esel Paulina und Angelo an einem Juli-Vormittag am Zaun des Geländes von Oliver Haury am Ortsrand von Hartheim. Grau in Grau könnte man meinen. Doch weit gefehlt, wer meint, damit sei das Wesen der beiden Vierbeiner treffend beschrieben. Und das liegt nicht nur an den schönen braunen Streifen, die am Bein und am Rücken zu sehen sind und ihre Verwandtschaft zu den Zebras zeigen, mit denen sie einst den Lebensraum zwischen Mittelmeer und Ostafrika teilten.

Da sind etwa die sichtbar gekräuselten, weißen Haare rund um Angelos Mund. "Das sind die Spuren des letzten Lagerfeuers", berichtet Oliver Haury, ohne einen Anflug von Besonderheit in seine Stimme zu mischen. "Er liebt Feuer und wenn wir uns rund um die Feuerschale setzen, ist Angelo praktisch immer dabei. Manchmal sogar ein bisschen zu nah dran." Auch Paulina mag offenbar das Knistern. "Sie stellt sich gerne seitlich zum Feuer und lässt sich den Bauch wärmen. Erst wenn es zischt, gehen sie einen Schritt zurück." Für Oliver Haury ist das Verhalten auch in der genetischen Herkunft der Tiere begründet. "Hitze und Wüste, das hat die Tiere einst schon geprägt." Außerdem hält der Rauch die Mücken fern.
Neugierig und gemächlich nähern sich die Esel
Dass die Tiere eigene, charakteristische Verhaltensmuster zeigen, liegt neben der Genetik wohl auch an der tatsächlichen Lebensgeschichte. Paulina ist mit 19 Jahren und Angelo mit 21 Jahren erst etwa bei der halben Lebenserwartung angelangt und beide bringen gleichzeitig schon ein gutes Stück Vergangenheit mit. "Angelo ist in Westfalen geboren, so steht es im Equidenpass, der die Abstammung zeigt", berichtet Haury. "Im Alter von vier Jahren hat ihn offenbar ein Mönch aus einem Zirkus mitgenommen und ist mit ihm den Jakobsweg bis nach Santiago de Compostela in Spanien gepilgert." Angelo habe das Gepäck getragen, so habe es ihm der Vorbesitzer übermittelt.

Die Nähe zu Menschen ist für die Esel also Gewohnheit. Das zeigt sich auch beim Besuch in Hartheim. Neugierig und gleichzeitig gemächlich begrüßen sie die Besucher am Zaun. Im Gespräch mit Oliver Haury kommen die beiden Tiere dem Reporter bis auf wenige Zentimeter nahe. Sie schauen, schnuppern, lassen sich das weiche Fell kraulen. "Wenn ich hier alleine oder in Gesellschaft sitze, sind die Esel fast immer direkt dabei", berichtet der Besitzer.
"Nicht störrisch, sondern meinungsstark"
Und was ist nun mit den Klischees? Zum Beispiel: Esel sind störrisch. Hm. Oliver Haury überlegt kurz. "Also es ist natürlich schon so, dass sie beide manchmal einfach nicht weiterlaufen wollen. Sie sind aber nicht störrisch, sondern meinungsstark. Und sie wägen Risiken ab", sagt Haury und grinst. Weil aber sowohl Paulina wie auch Angelo eher vorsichtig seien, blieben sie eben manchmal einfach stehen. "Auf Gullydeckel zum Beispiel gehen sie gar nicht. Oder auch Bachläufe mögen sie nicht."

Und noch so ein Vorurteil: Dass Esel ihren eigenen Kopf haben und lieber eigene Wege gehen. Ja, das scheint schon immer wieder mal voll zuzutreffen. Beide sind offenbar schon ein paar Mal ausgebüxt. "Einmal, als vor ein paar Jahren das Tor zum Gelände kurz offenstand. Und einmal, als wir sie auf einer Weide in Herrischried mal frei laufen ließen. Da haben sie sich angestupst und sind dann losgaloppiert", erinnert sich Haury schmunzelnd. "Und dann von alleine wieder zurückgekommen."
Nur eine darf auf Eselin Paulina reiten
Galoppierende Esel? "Na klar können sie das. Paulina jagt auch gerne Hunde oder Schafe, wenn wir unterwegs sind. Aber eigentlich sind sie sehr gemütlich." Drei Stundenkilometer laufen sie so im Schnitt und damit etwas langsamer als Menschen. "Das entschleunigt." Das sei auch bei den Esel-Wanderungen mit Gruppen, die Haury regelmäßig anbietet, deutlich zu spüren. "Anfangs habe ich mal noch an den Tieren gezogen. Aber erstens bringt das nichts. Und zweitens tut die Gemächlichkeit einfach gut", so Haury.

Reiten auf den Eseln allerdings ist keine so gute Idee. Dafür seien die Tiere zu unberechenbar und schüttelten sich dann doch mal zu heftig. Nur eine Begleitung lässt Paulina aufsitzen: die graue Katze, die mit den Eseln auf dem Hartheimer Gelände lebt. Vor Mäusen hingegen erschrecken sie.

Gesellschaft brauchen die Esel also schon, aber eben ausgewählte Gesellschaft. "Sie sind wie ein altes Ehepaar und machen praktisch alles gemeinsam, vom Fressen bis zum Toilettengang", sagt Haury. Und sollten sie doch einmal auf dem großen, 3,5 Hektar umfassenden Gelände in Hartheim unterschiedliche Wege gehen, dann rufen sie sich lautstark. "Weil es soziale Tiere sind, verbietet der Gesetzgeber, nur einzelne Esel zu halten", sagt Haury. Seit über zehn Jahren sind Angelo und Paulina bei Oliver Haury zusammen, zuvor waren sie schon gemeinsam auf einer Weide in Badenweiler. Aber Nachwuchs wird es keinen geben, Angelo ist schon vor vielen Jahren kastriert worden.
Beim Fressen gibt es einen klaren Chef
Sie haben es sich also eingerichtet, es gibt klare Routinen. Etwa: Sie läuft vor, eher trottet hinterher. "Außer wenn sie unsicher ist und nicht weiter will. Dann kommt Angelo vor, schaut, und wenn er dann weitergeht, läuft sie einfach hinterher", so Haury. "Oder manchmal, wenn Paulina ein bisschen zu langsam läuft, dann stupst sie Angelo von hinten mit der Schnauze." Oft also gibt der Herr den Ton an. "Nur nicht beim Fressen. Da ist sie die klare Chefin." Das sehe man auch an den Rundungen am Bauch. So gebe es kaum einen Ausritt, bei dem Haury nicht erklären müsse, dass Paulina nicht trächtig sei, sondern nur ein bisschen rundlicher.

Apropos. Einen gesunden Appetit haben beide. Und dummerweise kann das auch bei Eseln negative Folgen haben, nicht nur auf den Rippen. "Manche Esel bekommen rasend schnell Entzündungen an den Gelenken, wenn sie zu viel Zucker und Kohlenhydrate zu sich nehmen", berichtet Haury. Diese stecken etwa im Gras saftiger Wiesen und auch in Früchten, die auf den Bäumen in dem Hartheimer zuhause von Paulina und Angelo wachsen. "Ich bin daher das halbe Jahr damit beschäftigt, die Zäune zu verschieben, sodass die beiden nicht an die heruntergefallenen Früchte kommen." Dabei kommen Esel allein mit Heu und Stroh aus, sie seien "sehr gute Futterverwerter, die selbst aus Holz Nährstoffe ziehen können". Aber das schmeckt offenbar nicht so gut wie Obst. Auch beim Fressen mögen es die beiden also bunt, nicht grau in grau.
Esel-Wanderungen mit Paulina und Angelo kann man buchen unter schwarzwald-trekking.de