Film
Filmfest Locarno: Riesenerfolg für deutsche Filmemacher
Mehrere wichtige Preise beim 78. Filmfestival Locarno gehen an Produktionen, die von deutschen Filmemachern mit realisiert wurden. Den Hauptpreis gewinnt ein Spielfilm aus Japan.
Peter Claus (dpa)
So, 17. Aug 2025, 20:00 Uhr
Kultur
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen

Der diesjährige Erfolg für deutsche Filmemacher in Cannes hat sich beim 78. Filmfestival im Schweizer Locarno fortgesetzt. In Locarno gingen am Samstag gleich mehrere Auszeichnungen an Filme, die mit deutscher Beteiligung entstanden sind. Der von Produzenten aus Österreich und Deutschland realisierte Spielfilm "White Snail" bekam sogar zwei Jury-Ehrungen. Zum einen gewann die Lovestory des österreichisch-deutschen Regie-Duos Elsa Kremser und Levin Peter den Spezialpreis. Zum anderen ging eine der zwei Auszeichnungen für bestes Schauspiel an die belarussischen Hauptdarsteller Marya Imbro und Mikhail Senkov.
Der Große Preis des Filmfestivals, der Goldene Leopard, ging an den japanischen Spielfilm "Two Seasons, Two Strangers" von Regisseur Shô Miyake. Formal ist das der unspektakulärste der insgesamt 18 Spiel- und Dokumentarfilme im internationalen Wettbewerb gewesen, zugleich aber einer der wirkungsvollsten. Bestechend ist, wie die Ballade von der Suche einer jungen Drehbuchautorin nach sich selbst behutsam erzählt wird. Gesichter und Landschaften spiegeln nachhaltig, wie schwierig es oft sein kann, ein schlichtes menschliches Miteinander zu gestalten. Gerade weil sehr verhalten, ist der Film ungemein wirkungsvoll.

"White Snail" erzählt mit einer gleichzeitig poetischen und schroffen Erzählweise von zwei Außenseitern. Sie träumt von einer Karriere im Ausland. Er hat scheinbar keine Träume mehr. Langsam gehen die zwei aufeinander zu, ohne je zueinanderzufinden. Denn das Model und der Hobbymaler haben keine Worte für das, was sie antreibt. Mit der Geschichte des Paares reflektiert das kunstvolle Liebesdrama sensibel das Dasein von jungen Leuten in einer von Profitstreben und Egoismus geprägten Welt. Womit der Film das Hauptthema des nahezu gesamten Festivalangebots bündelt: die Vereinsamung und Verunsicherung vieler Menschen in der von zahlreichen Krisen gezeichneten Gegenwart.
Eine spezielle Erwähnung der Jury erhielt die deutsch-georgische Co-Produktion "Dry Leaf". Der Spielfilm des aus Georgien stammenden, in Berlin lebenden Regisseurs Alexandre Koberidze gewann zudem den Preis der internationalen Kritikervereinigung FIPRESCI. Auch Koberidze erzählt von der Differenz zwischen Hoffnungen und Möglichkeiten in einem oft komplizierten Alltag.
Die leiseren, auf Action verzichtenden Filme haben das Filmfestival Locarno geprägt
Der aus dem Irak stammende, seit Jahren überwiegend in Frankreich lebende Abbas Fahdel wurde für die Regie der Dokumentation "Tales of the Wounded Land" ausgezeichnet. Der Film zeigt den Alltag in Südlibanon während und nach der dortigen israelischen Bodenoffensive 2024. Szenen von Zerstörung, Verzweiflung und Hoffnung sind kommentarlos aneinandergereiht. Hintergrundwissen wird nicht vermittelt. Das macht es einem nicht informierten Publikum schwer, über die Momentaufnahmen des Leids hinauszudenken. Die Auszeichnung durch die Jury ist wohl als Appell für Frieden zu deuten. So kann auch das von Geldgebern aus sechs europäischen Ländern produzierte Sittengemälde "God Will Not Help" gedeutet werden. Insgesamt waren es besonders die leiseren, auf üppige Action, Tricktechnik und inszenierten Glamour verzichtenden Filme, die Filmfestival geprägt haben.