Flehen und Hoffen in düsteren Tagen

In Schuberts Winterreise und in Mozarts Requiem geht es um das Lebensende. Ein Thema, das beide Komponisten auf unterschiedliche Weise bearbeiten – und die Emmendinger Kantorei faszinierend zur Aufführung bringt.  

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Die Kantorei der Stadtkirche mit dem O...Hans-Jörg Mammel und Bass Uli Bützer.   | Foto: Markus Zimmermann
Die Kantorei der Stadtkirche mit dem Orchester Lux Aeterna. Solisten waren die Sopranistin Natalie Beck (von links), die Altistin Pascale Jonczyk, Tenor Hans-Jörg Mammel und Bass Uli Bützer. Foto: Markus Zimmermann
24 Lieder umfasst der Winterreise-Zyklus, den Franz Schubert mit 31 Jahren, kurz vor seinem frühen Tod komponierte. Acht dieser Lieder führen, quasi als Einstieg in das Hauptwerk des Konzerts der Kantorei, die Solisten auf und leiten damit ein ins Abschiednehmen. Auch, wenn es dabei eher um den Abschied von der Liebsten geht, das Ende der Liebe ist ein kleiner Tod.

Jörn Bartels, Bezirkskantor und musikalischer Leiter, hat den für Klavierbegleitung geschriebenen Liederzyklus für die Instrumentierung mit Streicher, Klarinette und Fagott bearbeitet. Zurückhaltend agiert dabei das Orchester Lux Aeterna unter Leitung von Antonio Pellegrini; die Solisten tragend, nie überlagernd. So können Natalie Beck (Sopran), Pascale Jonczyk (Alt), Hans-Jörg Mammel (Tenor) und Uli Bützer (Bass) die überwiegend dunkleren Stimmungen der acht Lieder voll zur Entfaltung bringen. Spannend ist dabei, wie der Komponist die Grundstimmung sehr differenziert ausarbeitet. So, wenn dramaturgische Pausen gesetzt werden, den Liedern durch einen schreitenden Takt dramatischer Charakter verliehen wird, dazwischen ein leichteres und dennoch bedächtiges Volksliedthema durchscheint, bis hin zum leicht angedeuteten Aufbäumen und Resignieren mit dem "Leiermann". Vor dem großen Chor gehört den Solisten die Bühne und sie begeistern mit ihrem einfühlsamen Vortrag. So sehr, dass manche Zuhörer den letzten Ton kaum abwarten können, um zu applaudieren. Den Nachhall zerklatschend.

Mozarts Requiem, bei seinem Tod mit 36 Jahren unvollendet, verrät trotz der Ergänzungen deutlich seine sehr persönliche Auseinandersetzung mit der Sterblichkeit. Weil es dadurch weit über die liturgischen Forderungen hinausragt, ist es ein beeindruckendes Werk. Es ist die persönliche Note, die in den Klängen aufleuchtet, was das Werk auszeichnet und die Chor wie Solisten, im immer stimmigen Zusammenspiel mit dem Orchester Lux Aeterna zum Erklingen bringen.

Mozart gelingt es und an diesem Abend auch den Aufführenden unter der sehr klaren Leitung von Jörn Bartels, die Dramaturgie der Texte grandios in musikalische Stimmungsbilder einzubetten und so zusammengeführt ihnen eine in jedem Moment bis ins Innerste spürbare Intensität zu verleihen. So werden die Tage des Zorns mit aller Dramatik fast greifbar, wird das Erscheinen des Richters zum erschaudernden Moment und sogleich leise Angst vor der strengen Prüfung deutlich. Markant erklingen die Posaunen, bevor vom "schrillen Klang der Posaunen, der alle vor den Richter ruft", gesungen wird. Die Sequenz endet kurz und bündig, mit einem nicht ausgefalteten Amen.

In dem nicht zu voluminösen Kirchenraum, den die Stadtkirche bietet, klingt die Aufführung sehr kompakt und bis in die letzten Winkel sehr nah. Angst, Betrübnis, Flehen und Hoffen im Glauben – man mag es glauben oder nicht - sind so voller Intensität. Der Kantorei und allen anderen Mitwirkenden gelingt so eine herausragende Aufführung, die in einem feierlich ausgefalteten "Lux aeterna" ihren Abschluss findet. Nach ein paar Momenten des Requiem-Ausruhens folgt der stürmische Applaus der Konzertbesucher, die die Stadtkirche fast bis auf den letzten Platz gefüllt hatten.
Schlagworte: Jörn Bartels, Uli Bützer, Lux aeterna

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