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Porträt

Tim Albutat vom SC Freiburg: Spülender Bundesligadebütant

Frank Zimmermann

Von

Di, 28. Mai 2013 um 10:08 Uhr

Freiburg

Tim Albutat hat zwei Jobs, die kaum unterschiedlicher sein könnten: Im Freiburger "Schützen" arbeitet er in der Küche, beim SC Freiburg auf eine Karriere als Bundesligaprofi hin.

Tim Albutat in Zivil in der Küche des Gasthauses Schützen Freiburg.  | Foto: Michael Bamberger
Tim Albutat in Zivil in der Küche des Gasthauses Schützen Freiburg. Foto: Michael Bamberger
Tim Albutat hat zwei Jobs, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Im Gasthaus Schützen arbeitet der 20-Jährige abends als Küchenhilfe, und beim SC Freiburg arbeitet er auf eine Karriere als Bundesligaprofi hin. Vor zwei Wochen, beim dramatischen Spiel des Sportclub in Fürth, als die Teilnahme an der Europa League klar gemacht wurde, spielte er erstmals für drei Minuten in der Bundesliga – Trainer Christian Streich hatte ihn in der 88. Minute für Cedric Makiadi eingewechselt.

Es war Donnerstag, der 9. Mai – zwei Tage vor dem wichtigen vorletzten Bundesligasaisonspiel des SC – , als gegen 17.30 Uhr Tim Albutats Telefon klingelte. In einer halben Stunde sollte seine Schicht in der Küche des "Schützen" beginnen, wo er Geschirr spült, Flammkuchen belegt und beim Salatezubereiten hilft. Xaver Zembrod, Trainer der zweiten Mannschaft des SC, in der Albutat seit zwei Jahren kickt, sagte ihm am Telefon, dass er morgen nicht mit seinem Regionalligateam, sondern mit Christian Streichs Profis trainieren dürfe und er zum Kader gehöre, der am Samstag in Fürth die Teilnahme an der Europa League klar machen solle. "Damit hatte ich nicht gerechnet. Mein Puls ging gleich um 100 Schläge nach oben", erinnert sich Albutat. Die Aufregung legte sich, "aber es war dann im ,Schützen’ schon ein anderer Arbeitstag als sonst."

Am Samstag in Fürth kam die Aufregung dann zurück. "Ich war glücklich, dass ich dabei war." Dass er tatsächlich auch eingewechselt wurde, das war für ihn die nächste Überraschung. Als Trainer Streich Albutat in der 88. Minute aufs Spielfeld schickte, führte der SC 2:1. Seine Bundesligapremiere hätte kaum spannender und dramatischer verlaufen können. Fürth bekam in der 90. Minute einen Elfmeter zugesprochen – mit dem 2:2 hätte der SC den sicher geglaubten Platz im europäischen Fußball (vorläufig) wieder verloren gehabt. Der Ausgang des Dramas ist bekannt: Torwart Oliver Baumann hielt den Elfmeter, der SC löste das Ticket nach Europa. Tim Albutat werden seine ersten Bundesligaminuten "für immer im Gedächtnis bleiben". Am Tisch im "Schützen" erinnert er sich: "Das war etwas ganz Besonderes."

Viele Reaktionen gab’s danach, ein Freund aus der hessischen Heimat habe aufgeregt bei ihm angerufen, weil er mitbekommen hatte, wie sich auf der Straße zwei Menschen über seinen Kumpel Tim unterhielten. Und was hat sich sonst geändert? Gar nicht so viel. Der Spieler Tim Albutat taucht jetzt beim Fußball-Managerspiel Comunio auf: "Mein Cousin hat mich gleich gekauft."

Tim Albutat stammt aus Taunusstein-Wehen, einem kleinen Städtchen in der Nähe der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden. Er kickt in der Jugend des SV Wehen-Wiesbaden, als er bei einem Sichtungsturnier in Duisburg dem SC Freiburg auffällt. 15 ist er damals. Das Interesse des SC habe ihn überrascht. Mit seinem Kumpel und Vereinskollegen, Torwart Alexander Schwolow, reist er nach Freiburg zum Probetraining und um sich die Fußballschule anzuschauen. "Es hat uns super gefallen", erinnert er sich. Als der SC sein Interesse bekräftigt, ist für ihn schnell klar: Ich will nach Freiburg. Seine andere Option, der 1. FC Köln, ist da schon kein Thema mehr.

Von 2008 bis 2010 wohnt Albutat im Internat des SC Freiburg, anschließend ein Jahr in einer WG am Rande des Trainingszentrums. Heute lebt er mit einem Mitspieler in einer WG. Schnell habe er sich beim SC wohlgefühlt, nur ganz am Anfang in der B-Jugend habe er noch "gezweifelt, ob das der richtige Schritt war".

Wenig Heimweh und viel Spaß im Fußballinternat

Doch das Heimweh hielt sich bei ihm in Grenzen und machte sich nur bemerkbar, wenn’s nicht lief. In der Fußballschule sei es familiär zugegangen. "Wir haben viel zusammen unternommen, es hat Spaß gemacht." Tim Albutat besucht das Rotteck-Gymnasium, wo er 2011 das Abitur macht. Nach der Schule, die oft bis spät nachmittags geht, wird trainiert – "da war der Tag ausgefüllt". Im Mai 2011 gelingt dem dreifachen U-18-Nationalspieler sein größter sportlicher Erfolg – als Kapitän gewinnt er in Berlin mit den SC-A-Junioren den DFB-Pokal. Sein Trainer damals: Christian Streich.

Als Küchenhilfe fing Tim Albutat 2012 an, er habe sich ganz bewusst diesen Nebenjob gesucht. Geld sei nicht der Grund gewesen, vom Regionalligagehalt könne man leben. "Ich wollte mich beschäftigen, auch mal Leute außerhalb des Fußballs kennenlernen und einen anderen Blickwinkel haben." Und er koche gerne. Warum also nicht in einer Küche arbeiten? "Ich kann es nur empfehlen." So, sagt Albutat, habe er gesehen, wie hart sich andere ihr Geld erarbeiten müssen. In der vergangenen Woche hatte Albutat seinen vorerst letzten Arbeitstag im "Schützen", er will sich fortan ganz auf den Fußball konzentrieren. Nach dem Training unter der Woche bis 23 oder 24 Uhr zu jobben, habe ganz schön Kraft gekostet.

Natürlich war und ist es Tim Albutats Traum, Profi zu werden. Diesen Berufswunsch habe er schon als Kind in Poesiealben geschrieben. Sollte es nicht klappen, will er vielleicht studieren, zum Beispiel Sport oder Sportmanagement. Seit zwei Jahren spielt er mit der zweiten Mannschaft des SC in der Regionalliga. Mit der soeben zu Ende gegangenen Saison, die sein Team als Siebter beendete, ist er zufrieden. Er ist Stammspieler und der zuverlässige Ruhepol, der in der Abwehr oder im defensiven Mittelfeld spielt. Ab und an hat er bei den Profis reingeschnuppert, dabei soll es vorerst bleiben. Wie die Karriere weitergeht? Tim Albutat überlegt. "Ich weiß es nicht, aber mein Ziel ist weiterhin, in die erste Mannschaft zu kommen." Ob er glaubt, dass es reicht für die erste Liga? "Ich versuche, alles zu geben, dass ich aufrücken darf. In den nächsten zwei, drei Jahre sollte ich es geschafft haben."

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Ressort: Freiburg

  • Zum Artikel aus der gedruckten BZ vom Di, 28. Mai 2013:
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