Kulturtipp
Freiburger NS-Dokumentationszentrum bietet Hör-Führungen per Telefon
Einen besonderen Zugang zu Geschichte bietet das Projekt "Bei Anruf Kultur". Seit kurzem bietet das Dokumentationszentrum Nationalsozialismus in Freiburg Menschen Historie per Telefon.
Joline Horn
Di, 16. Sep 2025, 11:30 Uhr
Freiburg
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Um Punkt 15 Uhr ist ein leises Knacken in der Telefonleitung zu hören, dann eine Stimme: Am anderen Ende beginnt eine Annäherung an die Geschichte des Ortes. Wer anruft, ist im Dokumentationszentrum Nationalsozialismus (DZNS) in Freiburg, ohne das Haus je physisch zu betreten. Für viele Menschen mit Sehbehinderung oder eingeschränkter Mobilität ist genau das entscheidend. Ein Zugang zu Orten der Erinnerung, die sonst schwer oder gar nicht erfahrbar wären.
Diese Erfahrung konnten jetzt die ersten rund 20 Teilnehmenden machen. Zum ersten Mal nahm das Dokumentationszentrum Nationalsozialismus in Freiburg an dem Projekt des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg teil. Ella Detscher, Referentin für Geschichtsvermittlung, führte die Teilnehmenden am anderen Ende der Leitung innerhalb einer Stunde durch die Ausstellung. Nur mit Worten eröffnete sie den Teilnehmenden einen Zugang zur Geschichte des Gebäudes, in dem das Dokumentationszentrum seinen Standort hat. Denn die Führung stand unter dem Thema: "Am historischen Ort. Das städtische Verkehrsamt von 1936".
Viele Menschen wollen und können aus unterschiedlichen Gründen nicht in die Räume
Dabei war für Detscher vor allem die Frage, welche Details besonders wichtig sind, spannend und herausfordernd zugleich. Denn die Besuchenden vor Ort nehmen vieles nebenbei wahr: die Architektur, die Atmosphäre, die Spuren der Vergangenheit. Doch für Menschen, die über das Telefon an einer Führung teilnehmen, muss all das erst durch Worte lebendig werden. Aber: "Nicht alles, was man sehen könnte, muss beschrieben werden, weil es einfach nicht relevant ist für das, was ich vermitteln möchte", sagt Detscher.
Zwischendrin und am Ende haben die Teilnehmenden Zeit, genauer nachzufragen oder eigenen Input zu geben. Detschers Fazit zum ersten Rundgang per Telefon ist positiv: "Es ist schön zu sehen, dass es echt funktioniert hat, dass so viele verschiedene Menschen teilgenommen haben", sagt die 30-jährige Kulturwissenschaftlerin. Besonders wichtig ist für sie das Sichtbarmachen dieser Inklusivität innerhalb von Museen. "Es gibt so viele Barrieren, die viele gar nicht auf dem Schirm haben", sagt sie. Neben Personen in Rollstühlen beispielsweise auch Menschen, die nicht gerne in Gruppen oder in geschlossenen Räumen sind. Dafür auch einen Weg zu finden, ist wichtig, um eben allen Menschen einen Zugang zu Kunst, Kultur und Geschichte ermöglichen zu können.
Auch andere Museen bieten barrierefreie Führungen
Seit dem Corona-Lockdown 2021 macht das Projekt "Bei Anruf Kultur" Museen und Kultureinrichtungen in ganz Deutschland barrierefreier. Initiiert wurde es vom Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg und der Organisation Grauwert, Büro für Inklusion und demografiefeste Lösungen.
Die nächste Führung widmet sich am 3. November um 15 Uhr fünf Freiburger Gebäuden und ihrer Geschichte im Nationalsozialismus. Die kostenlose Teilnahme muss online (www.beianrufkultur.de/programm) oder telefonisch unter 040/20940436 angemeldet werden.
