Medizin
Frühchen Sema überlebt in Pforzheim seltene OP
Nur 490 Gramm schwer, ein Loch im Zwerchfell – und trotzdem Hoffnung: Wie ein winziges Frühchen in Pforzheim zur medizinischen Sensation wurde.
Anika von Greve-Dierfeld (dpa)
So, 16. Nov 2025, 20:15 Uhr
Südwest
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Mit großen Augen blickt das kleine Mädchen zu seiner Mutter auf, saugt an der Flasche, die kleinen Fäustchen geballt – Sema Oran lebt. Es bedeutet eine medizinische Sensation und unendliches Glück für die Eltern Sumeyra Kizilboga und Mahmut Oran, dass ihr damals viel zu früh geborenes Baby am Helios-Klinikum in Pforzheim nur einige Tage nach der Geburt erfolgreich an einer lebensbedrohlichen Fehlbildung operiert werden konnte.
Die Kleine war Ende Januar mit einem Geburtsgewicht von lediglich 490 Gramm auf die Welt gekommen, kaum größer als eine Hand. Und sie war sehr krank. Sie litt an einer sogenannten Zwerchfellhernie, bei der sich der Darm im Brust- statt im Bauchraum befindet. Semas Überlebenschance? Sehr gering, wie die Ärzte den Eltern sagen mussten.
An Tag 17 ihres Lebens wäre Sema fast gestorben, ihr Zustand verschlechterte sich. An Tag 19 wurde operiert. Da wog sie gerade 540 Gramm. So leicht wie zwei Stück Butter. Und doch stark genug, um diesen Eingriff zu überstehen, der in Deutschland bei diesem Gewicht zuvor noch nie durchgeführt worden war.
"Auch weltweit gehört sie zu den drei leichtesten Frühgeborenen, bei denen ein solcher Eingriff erfolgreich durchgeführt wurde", sagt Kai Siedler, der Leiter der Abteilung für Früh- und Neugeborene am Helios-Klinikum anlässlich des Welt-Frühchentags am 17. November.
Sie sei überglücklich und allen Ärzten und Schwestern unendlich dankbar, sagte die 37 Jahre alte Mutter. Große Angst habe sie gehabt – aber immer auch Hoffnung. Seit Anfang Juni ist Sema zu Hause, bei Papa und Schwester, erzählt ihre Mutter. Inzwischen kann das Mädchen, dessen blaue Äderchen durch die zarte Haut der Schläfen schimmern, selbstständig trinken. Medikamente bekommt sie über eine Sonde, sie benötigt nur noch wenig zusätzlichen Sauerstoff.
Mit der Operation habe man Neuland betreten, betont Thomas Ringle, der Chefarzt der Kinderchirurgie und einer der drei Operateure. Nach dem gelungenen Eingriff seien zwei Ärzte rund um die Uhr zuständig und erreichbar gewesen und es sei dem Kind immer besser gegangen. "Es war natürlich auch bewegend zu sehen, wie gut es den Eltern damit ging." Für die OP musste das Loch im Zwerchfell, durch das der Darm in den Brustraum drang, mit einem winzig kleinen Patch (Flicken) geschlossen werden. Der Patch wächst nicht mit – Sema musste seither noch zweimal operiert werden. Es gab keine Komplikationen.
Ringle sagt: "Man hat in allen Stufen vor der OP, während der Intensivmedizin, nach der OP immer gesehen, wie stark diese Lebenskraft und wie dieser Lebenswille dieses Kindes ist bis zum heutigen Tag." Sema wiegt jetzt 3900 Gramm.