In Zeiten einer Kommunikationsrevolution, der Fake-News und des Boulevard-Spektakels wird die regionale Tageszeitung dringend gebraucht. Ein Essay von Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen.
Es ist eine Geschichte, die alles zeigt, die laufende Kommunikationsrevolution, die Verschiebung der Kräfteverhältnisse im öffentlichen Raum, die neuartige Macht des Spektakels. Ein Morgen, Anfang Februar 2020, irgendwo auf einer Straße in der Nähe von Skukuza, einem Camp im Kruger-Nationalpark, dem größten Wildschutzgebiet Südafrikas. Kurt Schultz, der seit Jahrzehnten Safaris veranstaltet, ist an diesem Morgen mit seiner Kamera unterwegs. Er stößt auf eine Gruppe aufgeregter Paviane. Nichts Ungewöhnliches, eigentlich. Aber dann sieht er, dass die Paviane ein noch lebendes Löwenjunges auf den Baum gezerrt haben, dass sie es lausen, mit ihm von Ast zu Ast springen. Er schießt ein paar Bilder. Es gibt ein paar Videoschnipsel. Und dann geht alles online.
Was folgt, ist ein Hype- und Likewunder, das sämtliche Rekorde bricht. Von der "Washington Post" bis zum "Spiegel", von der "Times of India" bis zur "Jakarta Post" – alle berichten wie auf ein geheimes Zeichen, blitzschnell. Die Fotos werden in sozialen Netzwerken geteilt, auf Twitter kommentiert, in Netz-Foren diskutiert, auf der Titelseite der südafrikanischen "Beeld"-Zeitung gedruckt. Und überall auf der Welt fragen sich Menschen: Kann das Löwenbaby überleben? Was sagen Experten über die ...