Grüne siegen klar und können Partner wählen – CDU auf historischem Tief

Ministerpräsident Winfried Kretschmann steht vor seiner dritten Amtszeit / CDU-Spitzenkandidatin Eisenmann: Desaströses Ergebnis.  

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„Mit großer Dankbarkeit und Demut“ reagierte der Ministerpräsident auf den Wahlsieg seiner Grünen. Foto: Marijan Murat (dpa)

(dpa/BZ). Die Grünen mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann haben die Landtagswahl in Baden-Württemberg klar gewonnen und Koalitionspartner CDU distanziert. Nun können sie sich entscheiden, ob sie die grün-schwarze Koalition fortsetzen oder ein neues Bündnis anstreben. Mit SPD und FDP würde es auf jeden Fall reichen; am Abend war unklar, ob es auch mit der SPD allein ginge. Bei der CDU steht Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann vorm politischen Aus. Ihre Partei steuerte auf das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte im Land zu.

Für den 72 Jahre alten Kretschmann wäre es die dritte Wahlperiode an der Macht. Er nehme den Auftrag zur Regierungsbildung "mit großer Dankbarkeit und Demut an", sagte er. Kretschmann legte sich nicht fest, mit wem er regieren will. Er werde mit CDU, SPD und FDP Gespräche führen. CDU-Landeschef Thomas Strobl will Grün-Schwarz fortsetzen: "Es gibt keine Wechselstimmung im Land."

Laut Hochrechnungen übertrafen die Grünen ihr Resultat von vor fünf Jahren (siehe Grafik), die CDU stürzte weiter ab. Rang drei war umkämpft. Die AfD lag knapp unter zehn Prozent – und verfehlte jene 15,1 Prozent von vor fünf Jahren klar. Das Ergebnis der SPD lag noch unter den schwachen 12,7 Prozent beim Votum 2016. Die FDP steigert sich im Vergleich zu den 8,3 Prozent von vor fünf Jahren. Die Linke verfehlte mit etwa 3,5 Prozent erneut den Einzug ins Landesparlament. Die Wahlbeteiligung lag deutlich niedriger als vor fünf Jahren; wegen der Pandemie gab jeder zweite seine Stimme per Brief ab – Rekordwert.

Kretschmann versicherte, bei den Verhandlungen über eine Koalition "ans Ganze" denken zu wollen. Baden-Württemberg brauche eine "verlässliche und stabile Regierung" die einen klaren Kompass habe. Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand sagte: "Wir wissen heute Abend nicht, mit wem wir wollen." Grünen-Landtagsfraktionschef Andreas Schwarz sagte: "Wir werden sehr zügig für Mitte nächster Woche zu Sondierungsgesprächen einladen."

CDU-Generalsekretär Manuel Hagel meinte: "Das ist ein ganz bitterer Abend für die CDU Baden-Württemberg." Man drücke sich nicht davor, weiter zu regieren. Aber der Ball liege bei den Grünen.

SPD und FDP warben für ein Bündnis. SPD-Generalsekretär Sascha Binder sagte: "Die CDU ist abgewählt." FDP-Spitzenkandidat Hans-Ulrich Rülke sieht einen Auftrag zum Mitregieren: "Die Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger wollen die FDP wieder in der Regierung sehen."

Eisenmann sagte: "Natürlich übernehme ich die Verantwortung, das ist für mich selbstverständlich." Es sei ein "enttäuschendes und desaströses Wahlergebnis". CDU-Landeschef Strobl soll dem Vernehmen nach federführend mit den Grünen sondieren, ob eine Neuauflage der Koalition möglich ist. Im CDU-Präsidium sei man sich einig gewesen, dass eine Deutschland-Koalition mit SPD und FDP nicht infrage komme, so Teilnehmer.

In Rheinland-Pfalz landete die CDU laut Hochrechnungen hinter der SPD von Regierungschefin Malu Dreyer. Dort ist die Fortsetzung der Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen wahrscheinlich.

Die beiden Landtagswahlen waren die ersten Stimmungsausweise vor der Bundestagswahl am 26. September. Das Top-Ergebnis der Südwest-Grünen dürfte der Bundespartei Rückenwind geben. Für die Union, die bundesweit in den Umfragen weit vor den Grünen liegt, sind die Resultate der CDU in beiden Ländern ein Rückschlag.

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