"Ich wusste, dass es knapp wird"

ZISCHUP-INTERVIEW mit der US-Amerikanerin Eleanor Adams.  

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Eleanor aus Michigan   | Foto: Privat
Eleanor aus Michigan Foto: Privat

Die Präsidentenwahl, Black Lives Matter, Corona – in den vergangenen Wochen und Monaten war in den USA tüchtig was los. Die 16-jährige Eleanor Adams aus dem US-Bundesstaat Michigan erzählt im folgenden Zischup-Interview ihre Sicht der Dinge. Die Fragen stellte Milena Rohs aus der Klasse 9a des Kepler-Gymnasiums in Freiburg. Die beiden sind Freundinnen.

Zischup: Hi! Wie war dein Tag bis jetzt?
Eleanor: Naja, ich bin vor zehn Minuten aufgewacht, aber es ist schönes Wetter draußen.

Zischup: Schön, dann legen wir mal los. Wann seid ihr denn in den Lockdown gegangen? War es zur gleichen Zeit wie bei uns am sechzehnten März?
Eleanor: Ich weiß das gar nicht mehr, ich glaube, das war schon früher. Lass mich mal googeln. Oh, ich lag falsch! Es war eine Woche nach euch, am 23. März. Geht es nur mir so oder fühlt es sich viel länger an?

Zischup: Wann wurde dir denn gesagt, dass es in den Lockdown geht? Wie hast du dich danach gefühlt?
Eleanor: Uns wurde am Freitag in der Schule plötzlich gesagt, dass es unser letzter Schultag sei. Wir waren alle mega überrascht und haben uns gedacht: Wie cool, keine Schule mehr. Dann musste ich aber direkt daran denken, dass meine Schwester, Mutter und Oma in Florida waren. Ich habe mir richtig viele Sorgen gemacht, dass sie entweder nicht nach Hause fliegen können oder Corona bekommen.

Zischup: Wie hat sich deine Schule an die Situation angepasst?
Eleanor: In den ersten drei, vier Wochen haben sie uns nicht kontaktiert, ich saß nur allein in meinem Zimmer und habe mich gelangweilt. Danach hatten sie eine Zwischenlösung fertig, und wir haben Schulaufgaben bekommen. Ich glaube, der Einzige, der sich dann noch gefreut hat, dass wir zuhause bleiben mussten, war mein Hund Cotton.
Zischup: Hast du jetzt wieder normal Schule?
Eleanor: Nein, wir haben allen Unterricht online. Man darf sich zwar allein in ein Klassenzimmer setzen und von dort arbeiten, aber die meisten bleiben zuhause. Wir haben den ganzen Tag lang Google-Meet-Konferenzen.

Zischup: Vermisst du den normalen Schulbetrieb?
Eleanor: Es macht mir nichts aus, dass wir das ganze Jahr online bleiben, mit meinen Freundinnen darf ich mich ja immer noch treffen. Und die Aufgaben sind viel leichter geworden, da man alles nachschlagen kann.

Zischup: Wie gut hat Michigan die Situation in den Griff bekommen?
Eleanor: Ich glaube, Michigan war einer der Staaten, der mit Corona am besten umgegangen ist. Unser Staat war einer der ersten, die in den Lockdown gegangen sind. Viele Leute haben gesagt, die Gouverneurin habe es falsch gemacht, aber ich denke, ihre schnelle Reaktion war gut.

Zischup: Kennst du jemanden, der seinen Job verloren hat?
Eleanor: Nee, aber meine Eltern und viele andere Leute haben weniger Geld bekommen. Ein paar Läden in der Mall haben zugemacht und man konnte nirgendwo Toilettenpapier auftreiben. Sonst habe ich in meinem Umkreis nicht viel von der Krise bemerkt.

Zischup: Haben die bewaffneten Proteste in Lansing dich betroffen?
Eleanor: Ich habe in den Nachrichten gesehen, dass Leute mit automatischen Gewehren versucht haben, das Capitol in Lansing zu stürmen. Trump fand, sie haben ihre Ehre verteidigt. Persönlich hat es mich aber nicht betroffen. Es gab mehrere Black-Lives-Matter-Proteste in der Innenstadt von Kalamazoo, aber das war es auch schon.

Zischup: Hast du dich für Trumps Reaktionen zu Corona geschämt?
Eleanor:
Ich habe nur gelacht. Wenn ich ehrlich bin, habe ich Trump 2016 nicht mal gehasst, woher sollte ich denn wissen, dass er so schlimm sein würde.

Zischup: Wird deine Zukunft vom Tod der Supreme-Court-Richterin Ruth Bader Ginsburg beeinflusst werden?
Eleanor: Ihr letzter Wunsch war ja, nicht von Trumps Regierung ersetzt zu werden. Ich fand es echt schlimm, dass Bader Ginsburg durch Amy Coney Barett ersetzt wurde. Sie ist zwar eine Frau, setzt sich aber nicht für Frauenrechte ein. Sie nervt mich einfach nur. Ich denke aber nicht, dass es so schlimm ist. Das wird ja keinen direkten Einfluss auf mein Leben haben.

Zischup: War es für dich sicher, dass Biden gewinnt?
Eleanor: Ich hatte gar keine Idee, wer gewinnen würde. Ich wusste, dass es sehr knapp sein würde. Ich war für Biden, da Trump nicht mal an Menschenrechte glaubt. Und er hat gar keine Ahnung von Wissenschaft. Biden ist für Black Lives Matter und Frauenrechte, das ist gut.

Zischup: Was glaubst du, wie oft ist die US-Politik in Deutschland ein Gesprächsthema?
Eleanor: Bevor du mir erzählt hast, dass ihr oft darüber redet, habe ich gedacht, dass unsere Politik andere Länder nicht so interessiert. Ich dachte mir, es wird in der Schule in Gemeinschaftskunde vielleicht mal erwähnt. Aber dass ihr privat über sowas redet, hätte ich nie gedacht, wir reden hier ja auch fast nie über die Politik anderer Länder.
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