Kalk rieselt über den Wald
Im September wird ein Kalkgemisch über den Wäldern Löffingens und Eisenbachs verteilt – und zwar per Hubschrauber. Davon profitiert der Waldboden, der von Menschen aus dem Gleichgewicht gebracht wurde.
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Die Debatten um den sauren Regen und das daraus resultierende Waldsterben in den 1970er und 80er Jahren liegen lange zurück. Der saure Regen wurde durch Schadstoffe wie Schwefeldioxid und Stickoxide verursacht, die aus Verbrennungsprozessen der Industrie stammten. Das daraus entstandene Waldsterben der 80er Jahren machte das Problem und seine Auswirkungen auf die Natur sichtbar, heißt es von Seiten der Verwaltung. Als Folge daraus wurden die verursachenden Industrieanlagen mit Entschwefelungsanlagen aufgerüstet, um diese schädlichen Auswirkungen auf die Wälder und Gewässer zu reduzieren. Im Waldboden zeigen sich die Nachwirkungen allerdings noch bis heute. "Insbesondere im Schwarzwald sind die Böden zum Teil stark versauert, was insbesondere auf eine schlechtere Regenerationsfähigkeit der von Natur aus eher sauer geprägten Böden zurückzuführen ist", informiert die Behörde. Die Versauerung führt zu einer geringeren biologischen Aktivität im Boden und zu schlechten Lebensbedingungen für die bodenbewohnenden Lebewesen und Pilze. Dadurch sei die Nährstoffverfügbarkeit im Boden verringert und Bäume würden schlechter wachsen und seien weniger vital.
Um der Versauerung entgegenzuwirken wird seit den 80er Jahren bundesweit Kalk im Wald aufgebracht. In Baden-Württemberg hat sich die Bodenschutzkalkung dauerhaft etabliert und wird basierend auf der Bodenzustandserhebung der forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) Baden-Württemberg umgesetzt. Kalk reagiert mit den Säuren im Boden und neutralisiert sie. Dadurch wird der pH-Wert des Bodens erhöht und die Lebensbedingungen für Pflanzen und Bodenorganismen verbessert. Ohne diese regenerierende Maßnahme würden die versauerungsbedingten Einschränkungen im Lebensraum Wald und die negativen Auswirkungen auf Ökosystemleistungen noch sehr lange anhalten und sich teilweise sogar noch weiter verschlechtern, informiert die Landesforstverwaltung.
Über die Zuführung von basischen Nährstoffen werden die Bäume in ihrer Vitalität und Widerstandskraft gegenüber Trockenheit gestärkt: "Gesunde Waldböden sind eine Grundvoraussetzung für ein vielfältiges Bodenleben, stabile Wälder und erfüllen eine wichtige Funktion als Trinkwasserfilter." Rund 70 Prozent des Trinkwassers im Land komme aus bewaldeten Gebieten. Dabei sei für das Schutzgut Wasser ein gesunder Boden eine unerlässliche Voraussetzung.
Das Kalkmaterial besteht nach Mitteilung der Behörde aus fein gemahlenem Dolomitgestein und einem Dolomit-Holzasche-Gemisch. Es beinhaltet neben Kalzium auch Magnesium und über die Holzasche kommen die zusätzlich benötigten Nährstoffe Phosphor und Kalium dem Wald zugute. Die Anlieferung erfolgt aus einem Steinbruch bei Empfingen, östlich von Horb am Neckar im Landkreis Freudenstadt. Pro Quadratmeter werden nach Behördenangaben etwa 400 Gramm aufgebracht, also etwa vier Tonnen pro Hektar Wald. Die Ausbringung erfolgt durch einen Helikopter, der den Kalk über den Waldgebieten verstreut. Die Bodenschutzkalkung findet gezielt auf insgesamt 392,2 Hektar Wald statt und dauert – je nach Wetterlage – etwa drei Wochen. Während der Maßnahme muss der Wald aus Sicherheitsgründen zeitweise gesperrt werden. Waldbesuchende werden gebeten, die Sperrhinweise zu beachten. "Auch wird es zu einer gewissen Staubentwicklung kommen. Eine gesundheitliche Gefährdung für Menschen durch das Kalkmaterial besteht nicht", schreibt die Forstverwaltung. Bereits der nächste Regenschauer werde den Kalkstaub in den Boden einwaschen.
Einer Bodenschutzkalkung geht ein fast zweijähriger Planungsprozess voraus. Zur Kalkung vorgesehen werden generell nur Böden, bei denen eine starke Versauerung festgestellt wurde. Im Rahmen der Planung berücksichtige man die Belange des Arten-, Natur- und Wasserschutzes. "Bereiche, in denen zum Beispiel kalkungssensible Arten, Biotope oder natürlich saure Standorte vorkommen, werden bei einer Kalkung herausgenommen", lautet die Information.
Die Planung und Überwachung der Aktion erfolgt durch die Untere Forstbehörde im Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald in Abstimmung mit den dortigen Behörden für Natur-, Boden- und Wasserschutz. Eine Bodenschutzkalkung finde höchstens einmal alle zehn Jahre, abhängig vom Versauerungsgrad und der Bodenentwicklung, statt. Vergangenen Herbst fand eine Waldkalkungsaktion rund um Titisee-Neustadt statt.
Die Ausschreibung der Dienstleistung erfolgte durch das Regierungspräsidium Freiburg. Ausgeführt werden die Arbeiten von der Firma Montex aus Empfingen. Die Europäische Union fördert die Bodenschutzkalkung von privaten Waldeigentümern mit Waldflächen von unter 30 Hektar mit 100 Prozent der entstehenden Nettokosten. Waldeigentümer mit Waldflächen von über 30 Hektar werden mit 90 Prozent der Nettokosten gefördert.