Energie
Kostendruck aus Asien: Trübe Aussichten für die Solarbranche in Deutschland
Millionen Solaranlagen, aber kaum noch deutsche Technik: Immer neue Insolvenzanträge belasten die längst angeschlagene Branche. Auch beim Eigenheim lässt der Solarboom hierzulande laut Experten nach.
Monika Wendel (dpa)
Mi, 23. Jul 2025, 20:15 Uhr
Wirtschaft
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Ein "Solar Valley" im Osten Deutschlands sollte das Aushängeschild für die Produktion deutscher Solarzellen sein. Von der einstigen Spitzenposition ist nach einer Pleitewelle in der Branche aber nicht mehr viel übrig. Solarmodulhersteller können vor allem dem Preisdruck aus Asien kaum standhalten – und 2025 geht die Krise mit Insolvenzanträgen weiter. Der Solarmodulhersteller Meyer Burger etwa sucht derzeit nach Investoren.
Beim Vertrieb und der Montage von Photovoltaik-Anlagen (PV) ist Deutschland laut Experten wirtschaftlich noch gut aufgestellt – aber wie lange? Nach Boom-Jahren schwächelt der Ausbau der Solarenergie. "Zwischen 2019 und 2023 verzehnfachte sich die Photovoltaik-Nachfrage bei Eigenheimbesitzern", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW), Carsten Körnig. Zuletzt sei sie in Deutschlands Eigenheimsiedlungen aber spürbar zurückgegangen.
Der Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, Volker Quaschning, ist überzeugt, die einzige Chance im Bereich der Produktion seien Nischenmärkte. Aber auch deutsche Hersteller von Komponenten wie Wechselrichtern oder Batteriespeichern stehen inzwischen schon massiv unter Kostendruck durch ausländische Konkurrenz, meinte er.
Photovoltaik soll bis 2030 eine Leistung von 215 Gigawatt erzeugen
Photovoltaik erzeugt inzwischen eine installierte Leistung von etwa 107,5 Gigawatt in Deutschland und deckt nach Einschätzung des Solarwirtschaft-Verbandes rund 15 Prozent des deutschen Strombedarfs. Bis 2030 sollen es nach dem Ziel der Bundesregierung 215 Gigawatt sein. "Das ist kein Selbstläufer", meinte BSW-Hauptgeschäftsführer Körnig. Um das politische Ausbauziel zu schaffen, müsse die installierte Photovoltaik-Leistung deutlich zulegen und vor allem auch der Speicherausbau erheblich beschleunigt werden.
In den Vorjahren lief es laut Verband richtig gut, weil Marktbarrieren abgebaut worden seien. Zudem investierten die Menschen in der Corona-Pandemie viel ins Eigenheim. Auch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine habe die Suche nach Unabhängigkeit bei der Energieversorgung verstärkt. "Inzwischen ist die solare Sonderkonjunktur wieder abgeflaut", so Körnig.
Beim Schweizer Solarmodul-Hersteller Meyer Burger ruht an den Standorten in Sachsen und Sachsen-Anhalt mit zusammen um die 500 Mitarbeiter die Produktion. Der vorläufige Insolvenzverwalter Lucas Flöther sieht aber Sanierungschancen: "Meyer Burger hat exzellente Produkte, hervorragendes Know-how und eine hochmoderne Fertigung." Es gebe eine Reihe von Interessenten, mit denen aktuell verhandelt wird.
Hersteller fordern "Resilienz-Bonus"
Aus Sicht des Direktors des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg, Andreas Bett, ist seit der Bundestagswahl Verunsicherung bei Investoren zu spüren. Viele fragten sich, ob unter Schwarz-Rot der Ausbau der erneuerbaren Energien womöglich gebremst werde. Es sollte staatliche Unterstützung geben, um die Solarbranche wiederzubeleben, so der Solarforscher. Eine Chance könnte auch der "Net Zero Industry Act" der EU sein. Das bedeutet, die Produktion von CO2-freien Technologien in Europa soll angekurbelt und die Abhängigkeit von Import verringert werden. Hersteller in Deutschland riefen 2024 immer wieder nach einem "Resilienz-Bonus" zur Förderung heimischer Solarmodule.
Aus dem Bundeswirtschaftsministerium heißt es, man stehe im Austausch mit der Branche "zu der wirtschaftlich sehr herausfordernden Marktsituation". Die Signale von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) deuteten bislang auch darauf hin, dass sich bei den politischen Zielen für die Energiewende einiges ändern könnte.
Trotz der tiefen Krise setzt Solarforscher Bett auf Innovationen aus Deutschland: "Es ist nicht alles hoffnungslos, und ohne Forschung hat man überhaupt keine Chance mehr." Er verweist etwa auf das Unternehmen NexWafe, das sogenannte Wafer – einfach gesagt: Silizium-Scheiben – mit einem neuen Verfahren kostengünstiger herstellen will. Die Ausgründung des Fraunhofer-Instituts will eine neue Fabrik am Industriestandort Bitterfeld-Wolfen in Sachsen-Anhalt eröffnen, wo einst ein "Solar Valley" blühen sollte.