Leserbrief: Hohe Quadratmeter- Preise statt Infusionen

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Zum selben Thema verfasst ein weiterer Leser seine Meinung:
Und nun also der nächste Akt in der großen Krankenhaus-Saga: So nüchtern die Badische Zeitung berichtete, so deutlich ist die Symbolik: Wo früher Heilung stattfand, wachsen bald Quadratmeterpreise statt Infusionen. Das klingt nach Fortschritt, doch man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier weniger geplant als vielmehr durchgewunken wurde. Schon die Gutachten, die angeblich eine Sanierungskostenlast von über 60 Millionen Euro ins Spiel brachten, wirkten eher wie politische Argumentationspapiere denn wie nüchterne Zahlen. Transparenz? Fehlanzeige. Und wenn dann doch einmal Zahlen genannt werden, geschieht das stets scheibchenweise. Das weckt Zweifel und nährt die Vermutung, dass die Entscheidungen längst feststanden. Als Trostpflaster wird ein neues Medizinisches Versorgungszentrum versprochen. Wie genau, wann und mit welchen Mitteln – das bleibt vorerst unklar. Eventuell finanziert aus zusätzlichen Parkgebühren? Die einen in der Rheinfelder Stadtpolitik loben die "mutige Entscheidung", die anderen mahnen, man dürfe den ambulanten Bereich nicht weiter verschlafen. Doch all das klingt mehr nach politischen Sprachhülsen als nach einem tragfähigen Konzept.

Die Realität ist: Rheinfelden verliert sein Krankenhaus, gewinnt dafür 500 Wohnungen – und ein Medizinisches Versorgungszentrum, das bislang nur auf dem Papier existiert. Für die Bürger bedeutet das: Im Notfall weiterhin nach Lörrach fahren, für Mietinteressenten immerhin neue Chancen auf dem Wohnungsmarkt. Wenn eine Vision nicht gelingt, dann eben die nächste: Auf dem Luxus-Hügel soll nun "attraktiver Wohnraum zu bezahlbaren Preisen in einem familien- und kindgerechten Umfeld" entstehen. Ein Satz, der so glatt klingt, dass er direkt aus einem Immobilien-Exposé stammen könnte – man riecht förmlich schon den frisch gegossenen Beton. Bezahlbar? Man darf gespannt sein, welche Definition von "bezahlbar" hier gemeint ist. Vielleicht bezahlbar für jene, die ohnehin längst zwischen Basel und Zürich pendeln? Für die Durchschnittsrheinfelder Familie dürfte es wohl heißen: Zuschauen vom Tal aus, wie oben auf dem Luxushügel ein "bezahlbares" Paradies entsteht. Familien- und kindgerecht? Nun ja – immerhin können die Eltern ihren Kindern später vom Balkon zeigen: "Seht Kinder, hier stand einmal ein Krankenhaus. Jetzt steht hier ein Klettergerüst." Und während die einen immer noch von ärztlicher Grundversorgung träumen, können die neuen Bewohner beim Sonntagsbrunch stolz verkünden: "Wir wohnen da, wo früher die Klinik war."

Die Politik nennt es "mutig", die Verwaltung spricht von "strategischem Weitblick" – tatsächlich ist es ein Paradebeispiel dafür, wie man aus maroder Bausubstanz ein Premiumquartier formt und Bürgerinteressen elegant unter den Teppich kehrt. Kurzum: Aus einer Klinik wird ein Wohnpark. Und aus der Geschichte entsteht ein Lehrstück darüber, wie man Stadtpolitik verkauft – mit warmen Worten, großen Versprechen und einem Exposé, das klingt, als sei die Zukunft längst eingezogen. Das ist auch eine Form von Geschichte zum Anfassen – nur eben ohne Ärzte, Krankenschwestern oder Patienten, dafür mit Tiefgarage und Fahrradboxen.

Manoj Thanathethu, Rheinfelden
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