Müsli für die Müden

Die Tiere auf dem Mundenhof dürfen in ihren Herden alt werden – und es sind viele.  

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Ziegendame Glöckchen (14 Jahre) war in jungen Jahren Chefin ihrer Herde auf dieser Wiese. Foto: Thomas Kunz

Glöckchen war mal ganz oben in der Rangordnung ihrer Ziegenherde. Jetzt ist sie ganz unten. Die mit 14 Jahren uralte afrikanische Zwergziegendame war lange die Leitziege in der Kontiki-Herde auf dem Mundenhof. Kürzlich wurde sie krank – und ihr widerfuhr, was viele Herdentiere mit Chefstatus erleiden. "Sie war sehr geschwächt", erklärt Kontiki-Leiter Till Meinrenken, "und wurde komplett durchgereicht in der Rangordnung." Auf dem Mundenhof dürfen die Tiere in ihren Herden alt werden. Es sind viele – und sie brauchen besondere Aufmerksamkeit.

Der Leiter des Mundenhof Tiergeheges, Manfred Fruhmann, nennt es eine Besonderheit, dass hier die Tiere so lange in ihrem gewohnten Lebensumfeld leben können, üblich jedenfalls sei das nicht. "Wir beobachten sehr genau, ob Schmerzen oder Mobbing unseren alten Tieren das Leben zu schwer machen", sagt Fruhmann, "dann entscheiden wir mit dem Tierarzt, ob das Tier eingeschläfert werden muss." Nicht alle alten Tiere sind schwach. Die Älteste auf dem Gelände ist die Pinto-Eselstute Minnie mit ihren etwa 35 Jahren. Beweglich und munter ist sie mit ihren Pinto-Kollegen unterwegs. Weil aber wie bei fast allen der älteren Mundenhoftiere die Zähne nicht mehr eine plane Kaufläche bieten und weil das Kauen ohnehin für die müderen unter den Mäulern mühsamer wird, bekommt auch Minnie als maulgerechte Kraftnahrung Müsli. Anders das betagte Trampeltier Quecke: Sie sieht mit ihren erklecklichen 20 Jahren zwar schon ein bisschen mitgenommen aus, aber sie ist fit und kann auch noch alles fressen.

Glöckchen hingegen bekommt als Futter einen Heubrei serviert, von dem kriegt auch der Schwarzwälderwallach Remo eine ordentliche Tagesration von gut 40 Kilogramm. Mit seinen 28 Jahren ist Remo inzwischen etwas hüftlahm, es plagt ihn wie etliche seiner Mittiere die Arthrose. Wie er ist auch Merlin vor etwa 20 Jahren als Therapiepferd auf den Mundenhof gekommen. Und wie die jungen und alten Ziegen, bleiben auch die jungen und alten Pferde zusammen: "Das tut einer Herde nicht gut, wenn man sie auseinanderreißt."

Dass aber eine Herde überhaupt für lange Zeit mit alternden Herdenmitgliedern klarkommen muss, ist ein Phänomen, das nur Wildtiere in Gefangenschaft trifft. Manfred Fruhmann beschreibt, warum das so ist: "Das Leben ist im Grunde entstresst für diese Wildtiere – sie haben keine Mühe bei der Futterbeschaffung und sie sind keinen Feinden ausgesetzt und werden entsprechend alt." Damit entstehen Aufgaben und Umgangsweisen, die auch für die Tierpfleger neu sind. So muss der 30 Jahre alte blinde Uhu immer von Hand gefüttert – und dafür mit einem Pfeifsignal angelockt werden. Für die Tiere mit Rückenschmerzen muss man auch schon mal den Osteopathen holen – wie für das Alpaka Sala mit seinen greisen 16 Jahren. Und manchmal müsse man auch eingreifen, wenn das Altersgefälle in der Herde zu schwierigen Situationen führe. Zum Beispiel als ein Erdmännchen-Alphaweibchen so abgebaut hat, dass es in der Gruppe runtergestuft wurde. Damit kam das kranke, gemeinschaftsgewohnte Weibchen nicht zurecht – und musste eingeschläfert werden.

Wer in jungen Jahren in der Rangordnung der Herde eher so im Mittelfeld lag, hat gute Chancen auf dieser Position ganz unspektakulär alt zu werden, stellen die Mundenhofmitarbeiter fest. "Wir kommen hier auf einen ziemlich hohen Altersdurchschnitt", sagt Manfred Fruhmann – berechnet wurde der allerdings bislang nicht.

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