Lehrstellenmarkt
Nachwuchs gesucht: Betriebe kämpfen um Auszubildende
Trotz Wirtschaftskrise haben junge Menschen nach wie vor gute Karten, eine betriebliche Ausbildung zu erhalten. Die Zahl der unbesetzten Lehrstellen übersteigt weiter die der unversorgten Bewerber.
Oliver Vosti
So, 13. Jul 2025, 7:00 Uhr
Wirtschaft
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen

Ende Juni waren in Freiburg 1650, in Offenburg 1440 und in Lörrach 1228 unbesetzte Ausbildungsplätze bei den jeweiligen Arbeitsagenturen gemeldet. Zum Vergleich: Derzeit sind in Lörrach noch 821 Bewerberinnen und Bewerber unversorgt. In Offenburg sind es 836, in Freiburg 1.339. Dieses Verhältnis auf dem Lehrstellenmarkt hat sich nach Angaben der Ausbildungsexperten im Vergleich zum Jahr 2024 kaum verändert. So sei das Angebot an Ausbildungsstellen zwar leicht gesunken, die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber ist dagegen in etwa konstant geblieben.
Allerdings gab es bislang vor allem bei den Elektro- und Metallberufen einen Rückgang an abgeschlossenen Ausbildungsverträgen. Als Grund wird die Wirtschaftskrise genannt, von der die Metall- und Elektroindustrie stark betroffen ist. In der Gastronomie gibt es dagegen ein Plus: Im Bezirk der Industrie- und Handelskammer (IHK) Hochrhein-Bodensee wurden in diesem Bereich bis Ende Juni im Vergleich zum Vorjahr 50,5 Prozent mehr Ausbildungsverträge abgeschlossen. Miriam Kammerer von der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg warnt aber vor voreiligen Schlüssen: Die Zahlen seien noch vorläufig. Bilanz werde Anfang Oktober gezogen.
Unterschiede in den einzelnen Kammerbezirken
Im Oktober 2024 verzeichneten die südbadischen IHKs und die Handwerkskammer Freiburg größtenteils ein Plus bei den Ausbildungsverträgen. Den höchsten relativen Zuwachs gab es damals bei der Handwerkskammer Freiburg mit 5,6 Prozent. 2463 Ausbildungsverträge wurden geschlossen. Bei der IHK Hochrhein-Bodensee verringerte sich die Zahl der neuen Verträge um 2,2 Prozent auf 2192.
In den Kammerbezirken zeigen sich auch in diesem Jahr Unterschiede. Die IHK Hochrhein-Bodensee meldet im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg der Ausbildungsverträge um acht Prozent und somit den höchsten Zuwachs. "Wir sind mit der aktuellen Situation zufrieden", sagt Alexandra Thoß, Leiterin des Geschäftsfelds Ausbildung und Weiterbildung.
Die IHK Südlicher Oberrhein hat wie andere IHKs beobachtet, dass junge Leute sich immer später bewerben. Zwar habe sich an den Zahlen selbst kaum etwas verändert, doch Christiane Möller, Referentin für Aus- und Weiterbildung der Geschäftsführung, warnt: "Wenn zum bestehenden Fachkräftemangel und der angespannten Wirtschaftslage auch noch späte Bewerbungsentscheidungen der Jugendlichen hinzukommen, steigt die Unsicherheit in den Betrieben weiter". Ihre Sorge: "Nicht nur die Bewerbungen treffen später ein. Die Jugendlichen fangen altersmäßig später mit der Ausbildung an als noch vor zehn Jahren."
Verpasste Chancen auf beiden Seiten
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die Forschungsstelle der Bundesagentur für Arbeit, berichtet von einem leichten Rückgang der abgeschlossenen Ausbildungsverträge. Ist das ein Zeichen sinkender Attraktivität der betrieblichen Ausbildung? Die Agenturen und Kammern weisen das zurück. Vielmehr seien es zwei Faktoren, die den Markt belasten: die anhaltende Wirtschaftskrise und der demographische Wandel. "Dass bald die Babyboomer in Rente gehen und immer weniger junge Menschen nachrücken, verschärft die Lage dramatisch", sagt Hanspeter Fakler, Sprecher der Freiburger Arbeitsagentur.
Bernd Fitzenberger, Wirtschaftsprofessor und Direktor des IAB, sagt, dass die Situation am Ausbildungsmarkt nicht nur für die Betriebe, sondern auch für die Bewerber schwieriger geworden sei: "Es bestehen weiter große Schwierigkeiten, Ausbildungsangebot und -nachfrage zusammenzuführen. Einer hohen Zahl von unbesetzten Ausbildungsplätzen steht eine wachsende Zahl an Jugendlichen gegenüber, die keinen Ausbildungsplatz finden." Die Bewerber seien da, doch nicht unbedingt für die Stellen, die zur Verfügung stehen.
Flexibilität hilft enorm
Diese Problematik zeigt aber auch, dass die Betriebe weiterhin hoffen dürfen, Bewerber zu finden. Christiane Möller zufolge könnten die einzelnen Betriebe jedoch noch mehr tun und die Jugendlichen direkt ansprechen. In einem Bewerbermarkt, in dem das Angebot an Lehrstellen die Nachfrage übersteigt, stehen die Betriebe in Konkurrenz: Entsprechend müsse man auf den richtigen Kommunikationswegen an die Zielgruppen herantreten, so Miriam Kammerer.
Auf der anderen Seite können Jugendliche weiterhin einen Ausbildungsplatz finden. Jedoch muss es laut Hanspeter Fakler einen Plan B geben: "Nicht immer kann es bei der Ausbildung der Traumberuf sein." Die Bereitschaft, etwas Neues ausprobieren zu wollen, steigere die Chancen am Arbeitsmarkt. Auch der Einfluss der Eltern sollte nicht unterschätzt werden, sagt Fakler. Betriebe sollten den Kontakt zu ihnen noch mehr als bisher suchen, empfiehlt der Vertreter der Arbeitsagentur Freiburg.
Die Kammern und Agenturen sind überzeugt: Beide Seiten müssen aktiver werden. Die Betriebe, um sich ihren eigenen Nachwuchs zu sichern. Die Jugendliche, um keine Chancen am Arbeitsmarkt zu verpassen und ihre Begabungen zu entdecken. Davon lebt der Arbeitsmarkt.
Wer noch keinen Ausbildungsplatz gefunden hat, bekommt bei den Last-Minute-Börsen in der Region die Chance, kurzfristig fündig zu werden. Die nächsten Termine sind:Villingen-Schwenningen am 22. Juli, von 14 bis 16 Uhr, in der Agentur für Arbeit, Lantwattenstraße 2 (Anmeldung erforderlich über die Agentur für Arbeit)Lörrach am 24. Juli, von 14 bis 15:30 Uhr, im Biz-Gruppenraum der Agentur für Arbeit, Brombacher Straße 2, (keine Anmeldung erforderlich)Freiburg am 25. Juli, von 14 bis 17 Uhr, in der Lehener Straße 77, direkt vor der Agentur für Arbeit (keine Anmeldung erforderlich)
ovo