Ökonomen fordern Stopp des Rentenpakets

Einflussreiche Volkswirte rufen die schwarz-rote Koalition dazu auf, die umstrittene Rentenreform zu unterlassen. Einer von ihnen berät den SPD-Vizekanzler. Schon heute sind die deutschen Sozialausgaben so hoch wie nirgends sonst.  

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Die Unionsfraktion im Bundestag lehnt den von Ökonomen geforderten Stopp des Rentenpakets ab. Ohne dieses Paket würde auch die geplante Aktivrente nicht kommen, sagte der erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsbundestagsfraktion, Steffen Bilger (CDU), in ntv. Mit ihr sollen Rentner bis zu 2000 Euro im Monat steuerfrei dazuverdienen können. Das soll den Fachkräftemangel lindern.

Er teile zwar das Verständnis der Top-Ökonomen, dass es bei der Rente nicht so weitergehen könne wie bisher, sagte Bilger. Bei der geplanten Rentenkommission, die nächstes Jahr Vorschläge zur langfristigen Alterssicherung machen soll, sei deren Rat auch willkommen. Bei dem nun anstehenden Rentenpaket verwies der CDU-Politiker aber auf den Koalitionsvertrag, auf den sich auch die SPD berufen könne.

In einem Appell unter dem Titel "Rentenpaket zurückziehen" dringen mehr als 20 namhafte Wissenschaftler darauf, dass die Bundesregierung ihr Vorhaben stoppt. Darin heißt es: "Die demografisch bedingten strukturellen Probleme des Rentensystems würden weiter verschärft und es käme zu einer zusätzlichen Lastenverschiebung zwischen den Generationen – zulasten der Jüngeren, die schon heute unter steigendem finanziellem Druck stehen." Zu den Unterzeichnern zählen die Freiburger Ökonomen Lars P. Feld und Bernd Raffelhüschen. Dabei sind Bert Rürup, Axel Börsch-Supan, Clemens Fuest, die Wirtschaftsweisen Veronika Grimm und Monika Schnitzer – sowie Jörg Rocholl, der Chef des Wissenschaftlichen Beirats des von SPD-Chef Lars Klingbeil geführten Finanzministeriums.

Die Haltelinie beim Rentenniveau und die Ausweitung der Mütterrente belasteten die öffentlichen Finanzen erheblich. "Es wäre für das Vertrauen in die Politik fatal, wenn jetzt Entscheidungen durchgedrückt würden, die bereits in wenigen Jahren zwangsläufig drastische negative finanzielle Folgen hätten", so die Ökonomen.

Das Rentenpaket soll zum 1. Januar in Kraft treten. Es gibt aber Streit in der Koalition. Die Junge Gruppe der Unionsfraktion lehnt es wegen hoher langfristiger Kosten ab – ohne sie hätte die Koalition keine Mehrheit. Die SPD jedwede lehnt Änderungen am Paket ab. Der Koalitionsausschuss will sich am Donnerstag damit befassen.

Indes weist das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) darauf hin, dass die Bundesrepublik bereits heute mit 41 Prozent der Gesamtausgaben mehr Geld für die soziale Sicherung ausgibt als andere europäische Staaten. Die Hälfte der Mittel entfällt den Angaben zufolge auf die Alterssicherung. Selbst die nordischen Länder sowie Österreich geben mit je 40 Prozent weniger für die soziale Sicherung aus, in den Benelux-Ländern seien es 38 Prozent. Der EU-Schnitt liegt bei 39 Prozent. Auch bei Ausgaben für das Gesundheitswesen (16 Prozent) liegt Deutschland zusammen mit den Benelux- und den nordischen Ländern an der Spitze. Das IW rät, "einem weiteren Aufwuchs der staatlichen Aktivität und vor allem der Sozialausgaben entgegenzutreten". Schlusslicht ist Deutschland dagegen im Bildungsbereich mit 9,3 Prozent der Gesamtausgaben. Österreich und die Schweiz liegen der Studie zufolge fast die Hälfte darüber.
Schlagworte: Steffen Bilger, Monika Schnitzer, Jörg Rocholl
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