Umstrittene Veranstaltung
Palmer streitet mit AfD - So soll die Debatte ablaufen
Das Streitgespräch zwischen Palmer und Frohnmaier sorgt in Tübingen für Wirbel. Was über Ablauf, Livestream und Proteste am Veranstaltungsabend bekannt ist.
Aleksandra Bakmaz und David Nau (dpa)
Mo, 1. Sep 2025, 17:40 Uhr
Baden-Württemberg
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Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.
Tübingen (dpa/lsw) - Die öffentliche Diskussionsrunde zwischen Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) und dem AfD-Landeschef Markus Frohnmaier sorgt jetzt schon für Wirbel in der Stadt. Gegendemonstrationen wurden für Freitag angekündigt. Was man über die Veranstaltung wissen muss.
Warum gibt es das Streitgespräch?
Palmer hatte sich im Zuge der Absage einer AfD-Demonstration Mitte Juli dazu bereiterklärt, mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag zu diskutieren. Die AfD hatte eine Demonstration in der Tübinger Innenstadt geplant, Einzelhändler hatten dadurch Umsatzverluste befürchtet und sich an Palmer gewandt, ob die Demo verlegt werden könne. Die AfD hatte daraufhin angeboten, auf die Demo zu verzichten, wenn Palmer öffentlich mit AfD-Abgeordneten diskutiere.
Wer sind die beiden Diskutanten?
Markus Frohnmaier ist seit 2017 Bundestagsabgeordneter der AfD und gilt als enger Vertrauter von Parteichefin Alice Weidel, deren Sprecher er einst war. Seit 2022 führt er auch den Südwest-Landesverband der AfD. Frohnmaier gilt als einer der einflussreichsten Vertreter des rechten Flügels seiner Partei. Er ist Mitbegründer der mittlerweile aufgelösten AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative. Er stand wiederholt wegen seiner Kontakte zu russischen Politikern in der Kritik.
Bei der Landtagswahl am 8. März 2026 kandidiert Frohnmaier als "Ministerpräsidentenkandidat". Er hat allerdings keine realistischen Chancen, Ministerpräsident zu werden, da die AfD keine absolute Mehrheit erzielen dürfte und die anderen Parteien eine Koalition mit der AfD ausschließen.
Boris Palmer ist seit 2007 Oberbürgermeister von Tübingen. Der 53-Jährige gilt als streitbar und meinungsstark - und avancierte wohl aus deswegen zu einem der bekanntesten Bürgermeister der Republik. Er bekam Einladungen in zahlreiche Talkshows und galt bei den Grünen einst sogar als möglicher Nachfolger für Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Nach mehreren Skandalen wegen Aussagen, die mit seinem Amt als Oberbürgermeister nur wenig zu tun hatten, war er 2023 aus der Partei ausgetreten - zuvor hatte seine Mitgliedschaft schon geruht.
Wie soll das Gespräch genau ablaufen?
Die gut zweistündige Veranstaltung ist in sechs verschiedene Themenblöcke unterteilt - je drei von Frohnmaier und je drei von Palmer vorgeschlagen: Meinungsfreiheit, Klimaschutz, Innere Sicherheit und Migration, Wohnungsbau und Soziales, Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg und Demokratie und Rechtsstaat. Die Redezeit von Palmer und Frohnmaier soll genau gestoppt werden. Moderiert wird das Streitgespräch von Joachim Knape, der an der Universität Tübingen als Professor für Rhetorik lehrt.
Gibt es noch Karten für den Abend?
Die Veranstaltung startet ab 19 Uhr und ist restlos ausverkauft. Das Streitgespräch soll vor rund 700 Menschen geführt werden. Auch Zuhörerinnen und Zuhörer sollen bei den sechs Themenblöcken zu Wort kommen - ob über vorab eingereichte Fragen oder Statements oder per Mikrofon ist noch nicht ganz klar.
Wird das Streitgespräch übertragen?
Die Stadt als Veranstalterin plant einen Livestream im Internet. Mit der Übertragung der Veranstaltung auf einer unabhängigen Internetseite sei ein externer Dienstleister beauftragt worden, so die Stadt. Der Link sei am Veranstaltungstag auf der Webseite der Kommune abrufbar.
Was erwarten die Kontrahenten von dem Abend?
Palmer will bei der Debatte die argumentativen Schwächen der AfD aufzeigen. Wenn man das AfD-Parteiprogramm lese, könne man feststellen, dass die Partei bei vielen Themen komplett inkompetent sei und bei vielen Themen Forderungen stelle, die den Wählern der AfD schadeten, sagte Palmer.
Frohnmaier teilte auf Nachfrage mit, dass das Gespräch für ihn ein starkes Zeichen für eine offene Debattenkultur sei. "Ich freue mich auf einen spannenden Abend, zu dem Herr Palmer im Vorfeld bestens geworben hat."
Sind Demonstrationen an dem Abend angekündigt worden?
Die Veranstaltung kommt nicht bei allen in Tübingen gut an. Kritiker werfen Palmer vor, der AfD unnötig eine Bühne zu bereiten. Gleich mehrere Demonstrationsaufrufe gibt es für den Abend. Palmer schrieb auf Facebook, dass er die Demos unterstütze, und teilte eine Ankündigung in seiner Timeline.
Palmer hält die Nichtbeachtung der AfD für gescheitert. Er selbst verfolge die Strategie, die Themen der Parteo selbst anzusprechen und zu bearbeiten. "Das Ergebnis bei den Tübinger Wahlen lässt nicht den Schluss zu, dass diese Strategie schadet", sagte Palmer. Er verfolge mit der Debatte das gleiche Ziel wie die Demonstranten: Er wolle Rechtsextremisten und Verfassungsfeinden den Boden entziehen.
Er sei auch bereit, die Demonstrationen mit einem Redebeitrag zu unterstützen, sagte Palmer. Ob sie einen Beitrag des Oberbürgermeisters haben wollten, müssten die Organisatoren entscheiden - bislang sei keine Antwort auf dieses Angebot eingegangen.
Wie viele Demonstranten sind angemeldet?
Zu den Demos haben laut Stadt Fridays for Future, das Bündnis gemeinsam und solidarisch gegen Rechts Reutlingen-Tübingen und Omas gegen Rechts aufgerufen. Rund 1500 Menschen seien angemeldet. Man rechne aber mit deutlich mehr.
Worauf stellt sich die Polizei ein?
Man sei rund um die Halle so aufgestellt, dass man die Veranstaltung gut schützen und auch Störer separieren könne, sagt der Leiter des Tübinger Polizeireviers, Heiko Kächele. Details zur Zahl der Einsatzkräfte nannte er nicht. Palmer appellierte an die Teilnehmer der Demos, sich von denen fernzuhalten, die nicht die Absicht hätten, friedlich zu demonstrieren.
Auch in der Halle soll die Polizei laut Stadt präsent sein - ebenso wie Ordner. Außerdem werde es Zugangskontrollen geben und die Besucher müssten am Eingang einen Personalausweis vorzeigen.
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