Ermittlungen

Razzia bei hessischen Polizisten: Gewalt im Amt?

Im Raum steht der Verdacht der Körperverletzung im Amt, der Strafvereitelung und der Verfolgung Unschuldiger. Hinweise auf ein extremistisches Motiv soll es nicht geben.  

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Blick auf das erste Polizeirevier in d...ellen und Wohnungen durchsucht worden.  | Foto: Andreas Arnold (dpa)
Blick auf das erste Polizeirevier in der Frankfurter Innenstadt. Unter anderem wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt gegen 17 Polizisten in Frankfurt am Main sind am Morgen mehrere Dienststellen und Wohnungen durchsucht worden. Foto: Andreas Arnold (dpa)

Schlimmer Verdacht gegen 17 Polizisten in Frankfurt am Main: Unter anderem wegen des Vorwurfs der Körperverletzung im Amt sind am Morgen mehrere Dienststellen und Wohnungen durchsucht worden. Das teilten die Staatsanwaltschaft und das hessische Landeskriminalamt mit. Zuvor hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" darüber berichtet. Gegen die Beamten wurden nach Angaben von Innenminister Roman Poseck (CDU) Disziplinarverfahren eingeleitet.

Die Ermittlungen gegen die Polizeibediensteten - fünf Beamtinnen und zwölf Beamte im Alter zwischen 24 und 56 Jahren - des ersten Polizeireviers in Frankfurt drehen sich zudem um den Verdacht der Strafvereitelung im Amt und der Verfolgung Unschuldiger.

Durchsucht worden sind den Ermittlern zufolge vier Dienststellen und 21 Wohnanschriften. Die betroffenen Beamten seien entweder im Streifendienst oder in Dienstgruppenleitungen tätig gewesen.

Taten im Zusammenhang mit Festnahmen

Ihnen wird laut Ermittlern vorgeworfen, von Februar bis Ende April dieses Jahres sechs Männern während oder nach Festnahmen unberechtigt körperlichen Schaden zugefügt zu haben beziehungsweise solche Taten geduldet und nicht angezeigt zu haben. Um das eigene Vorgehen nachträglich zu rechtfertigen, hätten die Beamten in fünf Fällen sogar Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Widerstands oder eines tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte eröffnet.

Den Angaben zufolge liegen Aufzeichnungen von einigen Taten vor, teils durch die Videoüberwachung im Polizeirevier, teils durch Bodycams oder öffentliche Videoanlagen.

An den Durchsuchungen am Freitagmorgen waren rund 150 Kräfte des Landeskriminalamtes sowie Beamte der Staatsanwaltschaft beteiligt. Bei den Verdächtigen wurden den Angaben zufolge Mobiltelefone und Datenträger sichergestellt. Diese würden nun ausgewertet. Bislang lägen keine Hinweise auf ein extremistisches Motiv vor.

Dienstgruppe wird neu aufgestellt

Gegen die 17 Polizisten sind nach Angaben von Landesinnenminister Poseck Disziplinarverfahren eingeleitet worden. "Es ist zudem beabsichtigt, in sechs Fällen aufgrund besonders gravierender Vorwurfslagen unverzüglich das Verbot des Führens der Dienstgeschäfte auszusprechen."

"Nach derzeitigem Stand konzentrieren sich die Vorwürfe auf eine Dienstgruppe des Polizeireviers. Diese wird künftig personell komplett neu aufgestellt sein", ergänzte Poseck. Soweit Beamte als Beschuldigte eingestuft würden, bei denen die Erkenntnisse aber kein Dienstverbot rechtfertigten, "ist zudem sichergestellt, dass die Beamten bis auf Weiteres im Innendienst eingesetzt werden."

Revierleitung wird ausgewechselt

"Zusätzlich wird die Spitze des 1. Polizeireviers ausgewechselt", teilte Poseck mit. Auch wenn es derzeit keine Anhaltspunkte für Vorwürfe gegen die Revierleitung gebe, sei dies nötig, um die Handlungsfähigkeit des Reviers zu sichern. Das Polizeipräsidium Frankfurt habe besondere Auffälligkeiten in Form mehrerer sehr ähnlicher Strafanzeigen gegen Beamte des ersten Polizeireviers festgestellt.

Gewerkschaft warnt vor Generalverdacht

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Hessen hofft angesichts der schweren Vorwürfe auf schnelle Ermittlungsergebnisse. Gleichzeitig warnte der GdP-Landesvorsitzende Jens Mohrherr vor einem Generalverdacht gegen die gesamte hessische Polizei, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Polizei-Chef sieht Ansehen gefährdet

Wegen der Ermittlungen sieht der Frankfurter Polizeipräsident Stefan Müller das Ansehen der Polizei gefährdet. "Die im Raum stehenden Vorwürfe sind sehr gravierend", sagte er. Menschen im Gewahrsam müssten sicher vor Übergriffen sein. Die körperliche Integrität jeder einzelnen Person in staatlichem Gewahrsam sei zu wahren.

Revier war schon mal in den Schlagzeilen

Das erste Polizeirevier in Frankfurt war vor einigen Jahren schon einmal in die Schlagzeilen geraten. Nach rechtsextremen Drohschreiben mit der Unterschrift "NSU 2.0" an zahlreiche Personen des öffentlichen Lebens liefen zwischenzeitlich Ermittlungen in dem Komplex gegen einen Polizisten und eine Polizistin des Reviers, sie wurden aber Ende 2023 eingestellt.

Schlagworte: Roman Poseck, Stefan Müller, Jens Mohrherr

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