Rückkehr aus dem All

Nach Alexander Gerst soll bald ein weiterer Deutscher zur ISS.  

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Ob Alexander Gerst so etwas je wiedersieht? Im September fotografierte er einen Taifun. Foto: Gerst(ESA)/dpa

BAIKONUR. Für Deutschlands Mann im All könnte es ein Abschied für immer sein von der Internationalen Raumstation ISS. Wenn Astronaut Alexander Gerst am heutigen Donnerstag nach 198 Tagen auf der ISS in der winterlichen Steppe Kasachstans landet, ist eine Rückkehr zum Außenposten der Menschheit ungewiss. Es gilt zwar als wahrscheinlich, dass der 42-Jährige noch einmal in den Kosmos fliegt. Aber dann zum dritten Mal zur ISS?

In deutschen Raumfahrtkreisen hofft man auf eine andere ehrgeizige Mission: Die USA wollen 2023 erstmals seit Jahrzehnten wieder den Mond umrunden – mit einem bemannten Orion-Raumschiff, das derzeit in Zusammenarbeit mit Europa entsteht. Was liegt da näher, als auf eine solche Forschungsreise mit wohl vier Astronauten einen Europäer mitzunehmen? "Das ist gut denkbar, aber eine solche Mission hat auch politische Aspekte", heißt es dazu derzeit diplomatisch.

Eine Reise von Gerst um den Mond wäre auch eine Erinnerung daran, warum der Mann aus Künzelsau (Baden-Württemberg) Astronaut der Europäischen Weltraumorganisation (Esa) wurde. Sein Großvater richtete einst als Amateurfunker eine Antenne ins All und ließ seinen Enkel ins Mikrofon sprechen. Die Radiowellen seien zum Mond gereist und als Echo zurückgekommen, erzählte Gerst einmal. "Damit war für mich Sechsjährigen ein Teil von mir auf dem Mond."

Zählt man seine beiden bisherigen Missionen auf der Raumstation zusammen, war kein Deutscher so lange im All wie Gerst: fast ein Jahr. Wie wird es also weitergehen mit dem Rekord-Raumfahrer, der die ISS zuletzt sogar als Kommandant leitete? "Er ist weiter Mitglied des Esa-Astronauten-Corps, insofern ist auch die Möglichkeit eines weiteren Flugs gegeben", sagt Europas Raumfahrtchef Jan Wörner. Auch Missionsleiter Volker Schmid vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) meint: "Ich gehe davon aus, dass er noch mal fliegt."

Aus seiner Faszination für die ISS hat der Geophysiker nie einen Hehl gemacht. Mit 28 000 Stundenkilometern rast das fliegende Labor in 90 Minuten einmal um den Erdball. Raumfahrer schwärmen vom Blick aus 400 Kilometern Höhe auf unseren Planeten. Nachts funkeln Megastädte, tags glitzern Ozeane. Abgesehen von dieser Aussicht ist der Koloss im Kosmos keine Traumherberge, allein schon des Dauerlärms von Lüftung und Geräten wegen. Bei schlechter Luft und bescheidenem Essen lebe die außerirdische Wohngemeinschaft fast ohne Privatsphäre, sagte einmal der US-Astronaut Chris Cassidy.

Die Rückkehr zur Erde mit der Sojus-Raumkapsel gilt als technisch anspruchsvoll. Nach dem Abkoppeln von der Raumstation rast die Kapsel zunächst ungebremst in die Atmosphäre, die Luftreibung erzeugt dabei Temperaturen von etwa 2500 Grad. Massive Kräfte werden Gerst und seine beiden Mit-Rückkehrer Serena Auñón-Chancellor (USA) und Sergej Prokopjew (Russland) in die Sitze pressen. "Ich kann kaum atmen, weil meine Zunge so stark an den Gaumen gedrückt wird", beschrieb Gerst 2014 seinen Rückflug von seiner ersten ISS-Mission.

Einige Fragen bleiben nach der Mission. Noch immer ist ungeklärt, wie ein Loch in die Wand einer Raumkapsel geraten konnte. Und nach dem Fehlstart einer Sojus-Rakete Mitte Oktober musste Gerst lange auf Verstärkung warten, Experimente mussten verschoben werden. Trotzdem zieht Schmid eine positive Bilanz: "Die Wissenschaftler sind sehr zufrieden." Was auf der Strecke blieb: Die beiden Außeneinsätze Gersts fielen aus.

Unabhängig davon, ob Gerst noch einmal zur ISS reist oder nicht, arbeitet Europas Raumfahrtbehörde Esa an einem Einsatz für Deutschlands nächsten Astronauten Matthias Maurer in der Schwerelosigkeit. Der 48-jährige Saarländer könnte 2020/21 zur Raumstation fliegen oder an einer chinesischen Raumfahrtmission teilnehmen.
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