Die Debatte über Sterbehilfe lenkt von den wahren Bedrohungen am Lebensende ab – eine Begegnung mit dem Palliativmediziner Gian Domenico Borasio.
Er hat jetzt das schwarze Sakko ausgezogen und sich einen Pullover übergestreift. Sitzt in den Polstern eines Cafés, gleich um die Ecke des Zürcher Hauptbahnhofs, und der Pullover leuchtet in einem gut gelaunten Orangeton, als wollte er dem Herbstgrau ein Licht aufsetzen. Als sollte die Farbe einen Kontrast zu dem Thema bilden, um das es im Zürcher Café gleich gehen wird, ums Sterben. Und als sollte diese Farbe eine Botschaft übermitteln: dass das Sterben sehr viel mit dem Leben zu tun hat.
Daran glaubt Gian Domenico Borasio fest. Deshalb ist er Palliativmediziner geworden, einer der bekanntesten, die es gibt. Wenn der Bundestag an diesem Donnerstag beginnt, über ein Gesetz zur Sterbehilfe zu diskutieren, über die Hilfe zum Suizid, dann wird Borasio im Hohen Haus zwar nicht persönlich anwesend sein, aber ein Stück von ihm schon. Denn zusammen mit drei Medizinethikern und Juristen hat der 52-Jährige einen Vorschlag zu einem ...