BZ-Serie zum Kriegsende
Ex-Bürgermeister von Haltingen: Liebevoller Großvater – und Nazi

Gerrit Oldeboershuis war kein Mitläufer, sondern mitverantwortlich für Morde im NS-Staat. Seine Nachfahren ringen mit diesem Erbe – sie erinnern sich an einen liebevollen Großvater.
Es war bei einer Familienfeier. Die Gäste debattierten über die AfD und ihren Fraktionschef Alexander Gauland, der die Zeit des Nationalsozialismus einen "Vogelschiss" in der deutschen Geschichte genannt hatte. Die einen empörten sich darüber, die anderen fanden Entschuldigungen dafür. Irgendwann sagte Isolde Stickelberger (66), die eine Weile nur zugehört hatte: "Ich finde das alles ganz schlimm mit der AfD, auch wie sie die Geschichte verharmlost." Und sprach dann einen Satz, der aufhorchen ließ: "Erst als meine Mutter gestorben ist, ist mir klar geworden, welch schreckliche Verbrechen meinem Großvater vorgeworfen wurden."
Das war vor etwa zwei Jahren. In der Wohnung der verstorbenen Mutter fand die Familie Akten aus Prozessen gegen den Großvater Gerrit Oldeboershuis, 1895 geboren und in der Nazizeit Bürgermeister von Haltingen, heute ein Ortsteil von Weil. Im Kriegsverbrecherprozess in Rastatt wurde er am 31. Juli 1947 zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt. Das Gericht der französischen Besatzer machte ihn für den Tod von mindestens 95 Häftlingen mitverantwortlich, die im KZ-Außenlager Kochem-Bruttig-Treis umgekommen sind, wie die Historikerin Ksenia Stähle-Müller berichtet.
Die Familie ist bereit, über den Großvater und seine Taten zu reden
Dieses Außenlager gehörte zum KZ Natzweiler-Strutthof, das die Nazis im besetzten Elsass errichtet hatten.
Ein Haus hoch oben am Berg. Der Blick geht in die Rheinebene, tief unten im Tal starten und landen Flugzeuge auf dem Flughafen Basel-Mulhouse-Freiburg. In der Ferne verschwimmen die Vogesen im Dunst. Bei Apfelkuchen und Kaffee haben sich zwei Enkelinnen, ein Enkel und die Tochter von Gerrit Oldeboershuis versammelt – in dem Haus, das dieser in den Jahren nach seiner Begnadigung am 1. Juli 1956 für sich und seine Familie erbaute. Er war gelernter Maurer – und in der ...
Das war vor etwa zwei Jahren. In der Wohnung der verstorbenen Mutter fand die Familie Akten aus Prozessen gegen den Großvater Gerrit Oldeboershuis, 1895 geboren und in der Nazizeit Bürgermeister von Haltingen, heute ein Ortsteil von Weil. Im Kriegsverbrecherprozess in Rastatt wurde er am 31. Juli 1947 zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt. Das Gericht der französischen Besatzer machte ihn für den Tod von mindestens 95 Häftlingen mitverantwortlich, die im KZ-Außenlager Kochem-Bruttig-Treis umgekommen sind, wie die Historikerin Ksenia Stähle-Müller berichtet.
Die Familie ist bereit, über den Großvater und seine Taten zu reden
Dieses Außenlager gehörte zum KZ Natzweiler-Strutthof, das die Nazis im besetzten Elsass errichtet hatten.
Ein Haus hoch oben am Berg. Der Blick geht in die Rheinebene, tief unten im Tal starten und landen Flugzeuge auf dem Flughafen Basel-Mulhouse-Freiburg. In der Ferne verschwimmen die Vogesen im Dunst. Bei Apfelkuchen und Kaffee haben sich zwei Enkelinnen, ein Enkel und die Tochter von Gerrit Oldeboershuis versammelt – in dem Haus, das dieser in den Jahren nach seiner Begnadigung am 1. Juli 1956 für sich und seine Familie erbaute. Er war gelernter Maurer – und in der ...