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Überarbeitete Kellner und tippfaule Professoren

  • Fr, 20. April 2001
    Zisch

     

Wie André Fourçans "Die Welt der Wirtschaft" erklären will.

Komplizierter Satzbau, unverständliches Vokabular, ein langatmiger, schwer verdaulicher Inhalt - das sind in etwa die Erwartungen an ein Buch mit dem Titel "Die Welt der Wirtschaft". Doch André Fourçans, der Autor des Buches, ist spürbar darum bemüht, diesen Klischees nicht gerecht zu werden.

Die Einführung des französischen Professors in die Ökonomie soll leicht zu lesen und für jeden verständlich sein. So versucht der Autor etwa, Prozesse des Angebots und der Nachfrage mit Beispielen aus dem Alltag nachvollziehbar zu machen. Hochtrabende Begriffe wie "Grenzproduktivität" oder "komparative Kostenvorteile" illustriert er mit überarbeiteten Kellnern, die sich gegenseitig auf die Füße treten und mit einem Professor, der zwar schneller tippt als seine Sekretärin, aber dieser trotzdem die Schreibarbeiten überlässt. Der Grund: In der gleichen Zeit, in der seine Sekretärin für ihn tippt, kann er nämlich viel mehr Geld mit seinen Studien verdienen. Das ist auch für den Wirtschaftslaien verständlich.

Doch gewöhnungsbedürftig ist für den Leser der Stil, mit dem Fourçans versucht, das Ganze in eine Erzählform zu packen: Ständig wendet der Autor sich in persönlicher "Du"-Form an seinen Sohn (oder Tochter), dem/der er die "Welt der Wirtschaft" erklären will. Zu kindlich wirkt das vor allem auf Jugendliche (und Erwachsene), an die das Buch wohl vom inhaltlichen Anspruch her gerichtet ist.

Für totale Neueinsteiger im Bereich Wirtschaft eignet sich die Lektüre nicht: Zu schnell geht der Autor über Grundlagen hinweg, zu hastig zieht er den Leser durch komplizierte Zusammenhänge. So bleibt einem auch keine Zeit zu trennen, was nun Tatsachen sind und wo Fourçans wieder einmal ausführlich seine persönliche Meinung präsentiert. Am Ende versucht der Autor gar, ökonomische Theorien über Kriminalität und Ehe zu erläutern. Dies dürfte dann für den gerade erst "wirtschaftstauglich" gemachten Leser doch des Guten zu viel sein. Für Leser jedoch, die glauben, sich mit Devisenhandel, Aktienhandel und Zinsspekulationen, mit Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit auszukennen, ist "Die Welt der Wirtschaft" eine interessante und gut zu lesende Möglichkeit, um das eigene Halbwissen zu vertiefen.

Holger Köpcke

- André Fourçans: Die Welt der Wirtschaft. Verlag Beltz&Gelberg, 187 Seiten, 16,80 Mark.

Ressort: Zisch

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