Kommunen

Umfrage: Kaum noch gesunde Gemeindefinanzen

Geld ist zu wenig da: Rathauschefs fordern Strukturreformen, Abbau von Leistungszusagen und unkomplizierte Förderungen vom Bund.  

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Weil die Kommunen sparen müssen, wird ... oder andere Schwimmbad dicht gemacht.  | Foto: Jörg Carstensen (dpa)
Weil die Kommunen sparen müssen, wird eventuell auch das eine oder andere Schwimmbad dicht gemacht. Foto: Jörg Carstensen (dpa)

Lediglich 2,48 Prozent der Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg schätzen ihre mittelfristige Haushaltslage noch als stabil ein. Das geht aus einer breit angelegten Umfrage des Gemeindetags hervor, die der Badischen Zeitung vorliegt. Viele Bürgermeister befürchten, Einrichtungen schließen zu müssen. Der größte Investitionsbedarf besteht bei Brücken und Straßen.

An der Erhebung haben sich Rathauschefs aus 683 Kommunen beteiligt; insgesamt gibt es 1101 Städte und Gemeinden im Land. Gut 50 Prozent der Teilnehmer bewerten ihre Haushaltslage der nächsten drei bis fünf Jahre als "kritisch", während rund 24 Prozent sie noch als "belastet, aber steuerbar" einschätzen. Weitere 23 Prozent haben mit "eigenständige Handlungsfähigkeit droht zu entfallen" geantwortet.

Die Umfrage stammt aus dem Mai, hatte aber schon stattgefunden, als die Landesregierung vergangene Woche zusagte, die Kommunalfinanzen durch vorgezogene Abschlagszahlungen in Höhe von drei Milliarden Euro zu stabilisieren. Der Präsident des Landkreistags, der Tübinger Landrat Joachim Walter (CDU), hatte das am Freitag begrüßt und hinzugefügt. "Allerdings erkaufen wir uns durch die vorgezogene Auszahlung von Finanzmitteln, die die Kommunen ohnehin erhalten hätten, nur Zeit." Steffen Jäger (CDU), Präsident und Hauptgeschäftsführer des Gemeindetags, hatte ergänzt: "Diese müssen wir nun konsequent nutzen, um die dramatische Schieflage der Kommunalfinanzen zu beheben."

Fast zwei Drittel der Kommunen rechnen mit der Schließung von Einrichtungen

Für den Fall, dass es keine maßgebliche Entlastung gibt, rechnen 63,34 Prozent der Kommunen mit einer Schließung von Einrichtungen und mit der Kürzung von Leistungen. Noch wahrscheinlicher ist mit 81,96 Prozent eine Erhöhung von Gebühren, Steuern und Entgelten. Satte 91,2 Prozent der Kommunalvertreter nannten aber das Aufschieben von Investitionen an erster Stelle. "Damit steht nicht weniger als das Fundament kommunaler Daseinsvorsorge auf dem Spiel", sagte Jäger der Badischen Zeitung. Der größte Investitionsbedarf besteht über alle Kommunen hinweg bei Brücken und Straßen (21 Prozent), es folgen Feuerwehr mit Zivil- und Katastrophenschutz sowie Schulen (je 17 Prozent). 16 Prozent brauchen vor allem Geld für die Energie- und Wärmewende (Gebäudesanierungen, Wärmenetze), 13 Prozent für Kitas. Jeweils acht Prozent nannten Sportstätten und Verwaltungsgebäude.

Zu den vorgezogenen Abschlagszahlungen des Landes an die Kommunen hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Dienstag erklärt: "Wir haben ihnen jetzt Liquidität verschafft, aber das hat ja nichts mit der Lösung struktureller Probleme zu tun." Zwischen Land und Kommunen herrscht weitgehend Einigkeit, dass ein Hauptproblem in vom Bund erlassenen Pflichtaufgaben besteht, die nicht ausreichend finanziert würden. Kurzfristige Linderung erhoffen sie sich aber auch von den geplanten Sonderschulden des Bundes – insbesondere für die Infrastruktur. Eine Grundgesetzänderung verschafft außerdem auch den Ländern mehr Spielraum zur Kreditaufnahme.

Regierungschef Kretschmann erklärte am Dienstag, das Land bemühe sich, teure Bürokratie abzubauen. Über weitere Finanzhilfen für die Kommunen könne es seriös erst entscheiden, wenn klar sei, wie der Bund nun vorgehe.

Schlagworte: Winfried Kretschmann, Steffen Jäger, Joachim Walter

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