Interview
Warum ist das Zweitälerland eine so beliebte Wanderregion?
Das Zweitälerland ist zum vierten Mal als "Qualitätsregion Wanderbares Deutschland" zertifiziert worden. Liane Jordan vom Deutschen Wanderverband erklärt, was eine Gegend zum Wanderparadies macht. Wanderwege spielen nicht die Hauptrolle.
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BZ: Frau Jordan, was macht das Zweitälerland zu einer Qualitätsregion des Deutschen Wanderverbands?
Wir haben einen Kriterienkatalog entwickelt, mit dessen Hilfe Regionen sich profilieren und an die Bedürfnisse von Wanderern anpassen können. Wer diese derzeit 43 Kriterien erfüllt, wird als Qualitätsregion zertifiziert. Dazu gehören ein gutes Wegenetz mit entsprechenden Wegeinstiegsmöglichkeiten, Highlights wie beispielsweise die Aussicht vom Kandel oder schöne Rastplätze mitten in der Natur, kulturelle Sehenswürdigkeiten unterwegs. Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die wanderfreundlichen Betriebe. Finden Besucher in ihrer Unterkunft zum Beispiel Broschüren und Infos zur Region, einen Trockenraum und eine Schuhputzstelle? Wird ein Lunchpaket angeboten oder ein Abholservice? Kann man sich Wanderstöcke ausleihen?
BZ: Eine Menge Bedingungen.
Da muss nicht jedes Unternehmen alle Kriterien erfüllen, aber alle sollten sensibilisiert dafür sein, dass das Wandern in der Gegend eine große Rolle spielt. Wir sind durchaus auch flexibel und halten die Kriterien aktuell. So war es beispielsweise mal gewünscht, dass in den Tourist-Informationen immer ein aktueller Wetterbericht ausliegt. Das hat sich in Zeiten der Wetterapps erübrigt, wir haben diesen Punkt nur als Empfehlung ausgesprochen.
BZ: Sie sprachen von einem guten Wegenetz: Was genau kann man sich darunter vorstellen?
Zunächst einmal sollte jedes Ziel, das aus Sicht des Wanderers interessant ist, nach spätestens sechs Kilometern Wanderung erreichbar sein. Die Wege müssen gut markiert und beschildert sein, im Schwarzwald ist das ja die Raute, und auf den Wegweiser-Schildern muss die Kilometerzahl bis zum gewünschten Ziel stehen. Es muss eine gute Mischung sein aus Halbtagestouren, die als Rundtour oder Streckentour möglich sind, und Ganz- oder auch Mehrtagestouren. Im Zweitälerland gibt es den Zweitälersteig, der alles umrahmt. Wir schulen die Region im Vorfeld einer Zertifizierung, so dass sie mit diesem Wissen die Strecken ablaufen und wo nötig verbessern können.
BZ: Was muss da beispielsweise verbessert werden?
Im Schwarzwald sind die Wege schon gut ausgeschildert, mitunter sind aber Markierungen nicht regelkonform. Das betrifft zum Beispiel Zeichen, die am Baum so angebracht sind, dass sie parallel zum Weg verlaufen und man sie nur dann sieht, wenn man schon dran vorbeiläuft und in dem Moment auch zur Seite schaut. Die Regeln besagen, dass jede Abzweigung eine Markierung in beide Laufrichtungen aufweisen muss. Der Markierungsträger kann durchaus ein Baum sein, das begrüßen wir. Aber der Weg muss auf Sicht markiert sein, das Markierungszeichen also bereits aus einer guten Entfernung erkennbar sein. Das gelingt, wenn es in einem Winkel von 45 bis 90 Grad angebracht wird.
BZ: Er soll gut ausgeschildert sein. Was macht einen guten Wanderweg noch aus?
Da kommt einiges zusammen. Viele naturnahe Untergründe sind unter anderem wichtig: so wenig wie möglich Asphalt, es gibt noch einmal Pluspunkte, wenn man auf Pfaden unterwegs sein kann. Abwechslung spielt eine Rolle, rein in den Wald, wieder raus, mal eine Ortschaft. Vorbei an einem Gewässer, einer besonders dicken alten Eiche, vielleicht passiert man eine kleine Kapelle oder kann an einem gut gemachten Wassertretbecken rasten. Einfach alles, was einen auf so einer Tour bereichert. Das kann auch ein schöner, dichter Wald sein, in dem man Ruhe findet. Es sollte nur nicht ausschließlich dieser Wald sein, dann wird es schnell monoton.
BZ: Was hat es mit den Einstiegsmöglichkeiten auf sich?
Das kann im Prinzip alles sein, zum Beispiel ein Wanderparkplatz oder ein Bahnhof, an dem man ankommt. Entscheidend ist, dass die Stelle mit einer Übersichtstafel über die Wandermöglichkeiten und Wegweiser ausgestattet ist. Sie muss auch gut erreichbar sein mit dem Auto oder dem ÖPNV. Ein Waldrandparkplatz, wo eigentlich Holz gelagert wird und noch drei Autos gut nebendran passen, es keine Schilder oder Wegweiser gibt, ist kein guter Einstiegspunkt.
BZ: Der Deutsche Wanderverband zertifiziert Wege und Regionen alle drei Jahre neu – warum ist das notwendig?
Weil sich die Dinge auf den Wegen verändern. Markierungen lassen nach und klimatische Veränderungen hinterlassen ihre Spuren. Das ist im Schwarzwald noch nicht so gravierend, wir erleben da aber durchaus drastische Veränderungen. Da werden plötzlich große Areale zu Schad- oder Kahlflächen. Das kann mal gut sein, wenn dadurch etwa eine neue Aussicht entsteht, und mal schlecht, wenn man Bänke wegnehmen muss, weil Bäume umfallen könnten. Wichtig ist es, bei solchen Entwicklungen die Leute mitzunehmen. Wir bekommen da auch Beschwerden im Sinne von "Das sieht ja aus wie eine Mondlandschaft, wie können Sie so etwas zertifizieren?" Deshalb sollte man beispielsweise durch eine Tafel vor Ort erklären, wie der Wald sich umbaut, wie Trockenheit, Starkregen oder Erosion das beeinflussen. Gravierend sind auch Änderungen am Wegeuntergrund. Das Radnetz wird in Deutschland stark ausgebaut, da werden durchaus hier und da Schotterwege asphaltiert. In drei Jahren kommen so eine Menge Änderungen zusammen.
BZ: Hat sich das, was die Menschen von einer Wanderregion erwarten, in den vergangenen Jahren verändert?
Ein Stück weit ja. Einige Dinge wie das Naturerleben, was für die Gesundheit tun oder eine neue Region zu entdecken, stehen nach wie vor weit oben, das wird sicher auch so bleiben. Der Aspekt, dass die Menschen einen Ausgleich zum Alltag suchen, zur Ruhe kommen wollen, ist viel wichtiger geworden, das war vor zehn Jahren noch nicht so.

Der Deutsche Wanderverband hat derzeit acht Wanderregionen in Deutschland als Qualitätsregion ausgezeichnet, darunter das Zweitälerland und den Nördlichen Schwarzwald. Darüber hinaus gibt es zertifizierte Qualitätswege, 106 lange und 243 kurze. Dazu gehören beispielsweise der Fernwanderweg Albsteig Schwarzwald von Albbruck bis zum Feldbergpass, der Felsenweg Oberried und die Balzer Herrgottrunde bei Gütenbach. Alle Regionen und Wege finden sich online unter wanderbares-deutschland.de.
cfr
- Dossier: Wandertipps für Südbaden