Fragen und Antworten
Was bringt die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft?
Gewerkschaften kämpfen für ihre Mitglieder: um bessere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Für wen sich die Mitgliedschaft lohnt, erfahren Sie hier.
Jörg Wiebking (dpa)
Fr, 27. Jun 2025, 12:27 Uhr
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Tarifverhandlungen, Streiks, Lohnabschlüsse: Gewerkschaften stehen im Rampenlicht, wenn sie für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen kämpfen. Doch sie bieten ihren Mitgliedern weit mehr. Was leisten sie? Für wen lohnt sich die Mitgliedschaft? Und was kostet sie? Antworten auf wichtige Fragen.
Welche Aufgaben übernimmt eine Gewerkschaft?
Gewerkschaften sind Zusammenschlüsse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Ihre Hauptaufgabe: Sie verhandeln mit Arbeitgeberverbänden über Tarifverträge. Es geht um Gehälter, um Arbeitsbedingungen wie Arbeitszeiten und Urlaubsansprüche und um Zusatzleistungen, zum Beispiel um Altersvorsorge.
Die Mitgliedschaft ist freiwillig. Doch als Interessenvertretung haben Gewerkschaften mehr Verhandlungsmacht als Einzelpersonen, sagt Ernesto Klengel vom gewerkschaftsnahen Hugo-Sinzheimer-Institut für Arbeits- und Sozialrecht in Frankfurt am Main. "Ohne Gewerkschaften könnten Arbeitgeber Arbeitsbedingungen einseitig festlegen, weil sie in einer stärkeren Verhandlungsposition sind als ein einzelner Arbeitnehmer", so Klengel.
Welche Vorteile habe ich als Mitglied – und welche Nachteile?
Gewerkschaften beraten ihre Mitglieder und vertreten sie vor Gericht in tarif- und arbeitsrechtlichen Dingen, etwa bei Abmahnungen oder einer Kündigung. Sie unterstützen aber auch bei Problemen mit der Kranken-, Renten- oder Arbeitslosenversicherung, sagt Jürgen Markowski, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Offenburg.
Diesen Rechtsschutz gibt es jedoch nur unter zwei Bedingungen, so Markowski: Man muss mindestens drei Monate Mitglied sein und die Mitgliedsbeiträge korrekt zahlen. "Die Gewerkschaften sind sogar dazu verpflichtet, das zu überprüfen", sagt der Anwalt.
Viele Gewerkschaften bieten darüber hinaus Zusatzleistungen wie Freizeit- und Unfallversicherungen oder einen Lohnsteuerservice. Auch Sonderkonditionen für Reisen, Versicherungen oder Handytarife gehören oft dazu.
Und wie sieht es mit Nachteilen durch eine Mitgliedschaft aus? "Da fallen mir keine ein", sagt Markowski. Zum Problem könne, je nach Arbeitgeber, ein sehr starkes Engagement im Betrieb werden, etwa im Betriebsrat: "Ich erlebe es häufiger, dass die Mitgliedschaft im Betriebsrat trotz des gesetzlichen Schutzes vor Benachteiligungen zum Karrierehindernis wird." Doch je moderner und je größer ein Unternehmen ist, desto seltener sei ein solches Engagement von Nachteil. "Moderne Unternehmen begreifen, dass die Beteiligung der Beschäftigten auch für sie von Vorteil ist", sagt der Anwalt.
Haben Gewerkschaftsmitglieder Lohnvorteile?
Gehaltstarifverträge gelten zunächst einmal nur für Gewerkschaftsmitglieder in tarifgebundenen Unternehmen. Doch von den Ergebnissen profitieren oft auch Nicht-Mitglieder.
So gibt es eine Vielzahl allgemeinverbindlich erklärter Tarifverträge, die für alle Beschäftigten und Arbeitgeber einer Branche gelten. Erklärt das Bundesarbeitsministerium einen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich, gilt er bundesweit. Erklärt ein Landesarbeitsministerium einen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich, ist er im Bundesland verpflichtend.
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Zudem wenden viele Unternehmen Tarifverträge freiwillig auf alle Mitarbeitenden an. "Für Gewerkschaftsmitglieder bleibt die Tarifbindung jedoch verbindlich, selbst wenn der Arbeitgeber später seine Meinung ändert", so Markowski. Nicht-Mitglieder sind weniger geschützt: "Einen Arbeitsvertrag kann man auch wieder ändern und solche Ansprüche wieder beseitigen."
Ein weiterer Vorteil für Mitglieder zeigt sich dem Fachanwalt zufolge bei Betriebsübergängen: Wird ein Unternehmen an einen nicht tarifgebundenen Arbeitgeber verkauft, behalten Gewerkschaftsmitglieder für zwölf Monate alle tariflichen Ansprüche. Erst danach kann der neue Arbeitgeber neue Bedingungen aushandeln. Nicht-Mitglieder haben diese Schutzfrist nicht.
Was gilt bei einem Streik?
Vor einem Streik müssen in den meisten Gewerkschaften mindestens 75 Prozent der Mitglieder zustimmen. Während des Streiks erhalten Mitglieder rechtliche Unterstützung und ein Streikgeld. Das Streikgeld gleiche den Lohnausfall je nach Gewerkschaft teilweise oder vollständig aus, so Markowski.
Nicht-Mitglieder haben keinen Anspruch auf Streikgeld. Bieten Nicht-Mitglieder während eines Streiks ihre Arbeitskraft weiter an, erhalten sie zwar weiter Lohn. Sperrt ein Arbeitgeber während eines Streiks jedoch alle Beschäftigten aus, gehen Nicht-Mitglieder leer aus.
Welche Pflichten haben Gewerkschaftsmitglieder?
Gewerkschaftsmitglieder müssen einen Mitgliedsbeitrag zahlen. Der Beitrag richtet sich nach der Lohnhöhe und beträgt in der Regel ein Prozent des Bruttolohns, sagt Klengel. Für Mitglieder in Elternzeit, Arbeitslose, Schüler und Studierende, Bezieher von Krankengeld und Rentner gelten oft Sonderregelungen.
Zudem dürfen Gewerkschaftsmitglieder während eines Streiks nicht einfach weiterarbeiten. "Ein Streikbruch kann Konsequenzen haben, bis hin zum Ausschluss aus der Gewerkschaft", so Klengel.
Darf mein Arbeitgeber fragen, ob ich in einer Gewerkschaft bin?
Will ein Arbeitgeber bestimmte Leistungen nur an Mitglieder zahlen, müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Frage nach der Mitgliedschaft beantworten. Ansonsten gilt: Arbeitnehmer müssen diese Frage nicht beantworten. "Sie dürfen bei der Antwort auch lügen", sagt Klengel.
Darf mein Arbeitgeber mir die Mitgliedschaft verbieten?
Auf keinen Fall. Die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft ist ein Grundrecht nach Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes. "Jede Maßnahme, die sich gegen die Ausübung dieses Grundrechts richtet, ist rechtswidrig", so Klengel. "Natürlich gibt es auch gewerkschaftsfeindliche Arbeitgeber, doch das darf rechtlich zu keinen Nachteilen für Mitglieder führen."