Coronavirus
Was wir über die neue Corona-Variante Omikron wissen
Seit Freitag ist eine neue Variante des Coronavirus bekannt: die Omikron-Variante. Sie wurde am Wochenende bereits in Europa, auch in Deutschland, festgestellt. Noch aber weiß man nicht viel über B.1.1.529.
Anja Garms & Annett Stein (dpa
Mo, 29. Nov 2021, 8:42 Uhr
Deutschland
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Sicher sagen lässt sich das noch nicht. B.1.1.529 hat Mutationen in der Nähe der sogenannten Furin Cleavage Site, einer Region, die eine Rolle bei der Aufnahme des Virus in menschliche Zellen spielt. Eine verbesserte Übertragbarkeit durch diese Änderungen sei denkbar, erklärt der Berliner Virologe Christian Drosten. Sicher nachgewiesen sei sie bisher nicht. Aus den Zahlen in Südafrika allein lasse sich nicht zwingend auf eine erhöhte Übertragbarkeit schließen – unter anderem, da das Infektionsgeschehen dort zuletzt stark reduziert gewesen sei und neu auftretende Ausbrüche vor so einem sehr kleinen Hintergrund übergroß erscheinen könnten.
Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC hält die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Einschleppung und Verbreitung der Variante in Europa für hoch. Zu bedenken beim Thema Verbreitung ist auch: Der geografische Ursprung von Omikron muss nicht in Südafrika liegen, wie Drosten erklärt. "Angrenzende Länder, die starke Reiseverbindungen mit Südafrika unterhalten, haben eine geringer ausgeprägte Virusüberwachung als Südafrika."
Erste Laboruntersuchungen der Hersteller dazu laufen derzeit, mit Ergebnissen wird in etwa zwei Wochen gerechnet. Die genetischen Eigenschaften lassen Experten jedenfalls um den Impfschutz bangen: B.1.1.529 hat Mutationen an mehreren dafür entscheidenden Stellen. "Nach derzeitigem Ermessen sollte man davon ausgehen, dass die verfügbaren Impfstoffe grundsätzlich weiterhin schützen", so Drosten. Gerade der Schutz gegen schwere Erkrankungen sei besonders robust gegen Virusveränderungen.
Auch bei verringerter Wirksamkeit bleibe die Impfung die beste Option, betonte Lothar Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI). "Alle Menschen, die sich impfen lassen, fangen nicht bei null an, wenn sie sich mit einer neuen Variante infiziert haben." Sie hätten auf jeden Fall schon einen gewissen Impfschutz.
"Die Genom-Veränderungen weisen darauf hin, dass dieses Virus einen Immunescape zeigen könnte", erklärt Drosten. Auch das Fallgeschehen in Südafrika lasse plausibel erscheinen, dass Omikron eine gegen andere Sars-CoV-2-Versionen aufgebaute Immunabwehr umgehen könnte: Die derzeit nachgewiesenen Infektionen fänden in sehr großem Maße bei vorher bereits Genesenen statt – es stecken sich also Menschen an, die schon mit Delta oder einer anderen Variante infiziert waren. Für einen kompletten Ausfall des Immunschutzes, sagt Drosten, wären noch "bedeutend viel mehr Mutationen" im Spike-Protein erforderlich, über das das Virus an menschliche Zellen andockt.
"Für eine veränderte Krankheitsschwere gibt es derzeit keine Hinweise", betont Drosten, Leiter der Virologie in der Berliner Charité. Nach Angaben der Mediziner-Vereinigung SAMA in Südafrika erkrankten die dort Betroffenen bisher nicht schwerwiegender. Allerdings stehen die Analysen dazu noch am Anfang, Südafrika hat zudem andere Grundvoraussetzungen – etwa eine andere Altersstruktur – als Länder wie Deutschland. Hinzu kommt, dass sich in Südafrika großteils Menschen infizierten, die schon von einer anderen Variante genesen waren, also schon einen gewissen Immunschutz haben. Aussagen über den Krankheitsverlauf seien derzeit nicht möglich, sagt Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie.
Omikron trägt so viele Mutationen, wie noch von keiner Variante zuvor bekannt, davon allein mehr als 30 beim Spike-Protein. Gegen dieses bildet der Körper bei einer Ansteckung mit dem Virus Antikörper. Auch viele der Impfstoffe regen das Immunsystem zur Bildung von Antikörpern gegen dieses Protein an. Für eine Bewertung der Veränderungen brauche es nun weitere Daten. Reisebeschränkungen als Vorsichtsmaßnahme hält der Virologe für sinnvoll: "Eine Kontrolle der Verbreitung durch Unterbindung von Flugverbindungen nach Deutschland ist in der Frühphase der Einschleppung von Infektionen wirksam und damit zum aktuellen Zeitpunkt gerechtfertigt."
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