Programm
Wie eine Freiburger Schule versucht, Schüler vor Radikalisierung zu schützen
Die Schenkendorfschule hat ein Programm gegen Islamismus speziell für Förderschüler entwickelt .
Sina Gesell
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"Ich hatte das Gefühl, ich muss etwas machen", sagt Schulleiterin Ingrid Silber und erzählt von einem 15-Jährigen, um den sich vor allem der Religionslehrer gesorgt habe. "Er hatte immer wieder Andeutungen in Richtung Islamischer Staat gemacht", sagt sie, "und das Attentat auf Charlie Hebdo gutgeheißen."
Der Schüler besuchte den islamischen Religionsunterricht, den es an der Schenkendorfschule seit drei Jahren gibt. Inzwischen ist der Anteil muslimischer Schüler höher als der von Schülern christlichen Glaubens. Es folgten Gespräche mit dem Jungen. "Wir haben ihn durchaus erreicht", so Silber, "einige seiner Ansichten waren ihm im Nachhinein sichtlich peinlich."
Mit "Wir" meint die Schulleiterin das Kinder- und Jugendzentrum und die mobile Jugendarbeit in Weingarten – einem Stadtteil, aus dem viele der Schüler stammen. Als Experten hat Silber den Sozialpädagogen Reza Begas mit ins Boot geholt. Zusammen haben sie ein Programm entwickelt, das Propagandafilme und den Dschihad ebenso thematisiert wie Identifikationsbildung und Gewaltprävention. Dabei bringt sich auch der Polizeiposten Haslach mit ein.
"Wir wollen den Jugendlichen zeigen, dass die Welt bunt und nicht schwarz-weiß ist", sagt Begas, "es gibt Diversität in den Religionen." Gerade muslimische Jugendliche müssten mit einer "hybriden Identität" zurechtkommen. "Sie sind vielleicht hier in Deutschland sozialisiert, aber ihre Lebenswelt zu Hause ist noch immer sehr traditionell." Viele Muslime hinterfragten nicht, warum sie bestimmte Dinge tun wie zu fasten, sagt Begas, der iranisch-algerische Wurzeln hat und sich selbst als "Freiburger Bobbele" bezeichnet. "Die Jugendlichen sehen mich als einer von ihnen", sagt der 35-Jährige. Ein Junge habe ihn gefragt: "Reza, darf ich mich verlieben?" Dessen Antwort: "Ja, warum denn nicht?"
Eine Unterrichtseinheit dauert rund eineinhalb Stunden. Das anfängliche Problem: Viele Materialien, die einige Einrichtungen mittlerweile anbieten, seien nicht förderschultauglich. "Da haben wir einfach unsere eigenen entwickelt", sagt Silber, "als wir angefangen haben, gab es dazu sowieso noch nicht viel Literatur." Wenn es um Propagandafilme geht, sprechen Silber und Begas erst ausführlich mit den Schülern, bevor sie gemeinsam solche Filme anschauen. "Selbstsicherheit spielt gerade bei Förderschülern eine große Rolle", sagt sie. Sind die Schüler selbstbewusst, seien sie auch nicht so leicht manipulierbar.
Nach den Osterferien geht es weiter mit einer Doppelstunde Gewaltprävention. Und das soll nicht die letzte Stunde sein. "Das Projekt ist auf Dauer angelegt", sagt Silber, "schließlich geht es um Themen, die uns noch lange beschäftigen werden." Die Schulleiterin kann sich aber vorstellen, sich zukünftig auch mit anderen Radikalisierungstendenzen als Islamismus oder Salafismus zu beschäftigen, denn: "Wer weiß schon, wo der Trend als nächstes hingeht?"
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