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Jagd

Wilderei in Baden-Württemberg: "Die Aufklärungsrate ist gering"

Michael Saurer
  • Di, 15. Februar 2022, 10:19 Uhr
    Südwest

Mutmaßlich von Wilderern wurden in Kusel zwei Polizisten erschossen – das rückt die Wilderei in den Fokus. Erhard Jauch vom Landesjagdverband spricht über die unerlaubte Jagd in Baden-Württemberg.

Ein erlegtes Reh  | Foto: Patrick Pleul (dpa)
Ein erlegtes Reh Foto: Patrick Pleul (dpa)
BZ: Herr Jauch, können Sie sagen, welche Rolle die Wilderei bei uns spielt?
Jauch: Das ist schwer zu sagen, zumal wir als Landesjagdverband keine eigene Statistik haben. Wir berufen uns auf Zahlen des Landeskriminalamts, und dort werden pro Jahr zwischen 80 und 120 Fälle registriert. Aber natürlich ist die Dunkelziffer in dem Bereich hoch und auch nicht jeder bekannte Fall wird zur Anzeige gebracht.
BZ: Und wie viele dieser bekannten Fälle werden im Schnitt aufgeklärt?
Jauch: Die Aufklärungsrate ist relativ gering. Sie liegt vielleicht bei 20 bis 25 Prozent.
Erhard Jauch ist Hauptgeschäftsführer des Landesjagdverbands in Stuttgart.

BZ: Was weiß man über den Hintergrund und die Motivation der Täter?
Jauch: Die ist offenbar sehr unterschiedlich. Wir kennen Fälle, da wurden Tiere einfach so geschossen und dann im Wald liegen gelassen. Etwa weil man dem Jagdpächter eins auswischen wollte oder einfach Spaß daran hatte, ein Tier zu töten. In anderen Fällen wurde nur der Kopf als Trophäe mitgenommen. In einem Fall, den ich persönlich kenne, war der Wilderer selbst ein Jäger mit eigenem Revier. Aber der hatte einen übersteigerten Jagdtrieb, wenn der irgendwo in einem Fremdrevier ein Reh gesehen hat, dann wurde er nervös und hatte den Drang, es zu schießen.
BZ: Wie merkt ein Jagdpächter überhaupt, dass bei ihm gewildert wurde?
Jauch: Oft sind das nur Vermutungen. Man hört aus dem Wald Schüsse und fragt die Reviernachbarn, ob sie unterwegs waren. Oder man findet Reste erlegter Tiere, gerade wenn nicht das ganze Tier mitgenommen wurde. Im Fall Kusel handelt es sich ja um den Pfälzer Wald, der noch deutlich weniger dicht besiedelt ist als etwa der Schwarzwald. Da fällt das dann auch nicht so auf.

BZ: In dem Fall in Kusel soll der mutmaßliche Täter ein lukratives Geschäft mit der Wilderei betrieben haben. Kann man damit wirklich so viel Geld verdienen?

"Ein normaler Jagdpächter verdient an der Jagd auf jeden Fall nichts, der zahlt im Gegenteil in der Regel noch etwas drauf."

Jauch: Ein normaler Jagdpächter verdient an der Jagd auf jeden Fall nichts, der zahlt im Gegenteil in der Regel noch etwas drauf. Die Jagdpacht und die sonstigen Kosten wie etwa Versicherungen sind hoch. Wenn er Glück hat, kann er einen Teil seiner Unkosten wieder hereinholen, indem er das Wildbret verkauft und vielleicht noch selber Wurst macht. Kommerzielle Wildhändler, auch wenn sie selbst jagen, müssen Wild von anderen Jägern zukaufen, wenn sie Erfolg haben wollen. Sie unterliegen außerdem einer amtlichen Kontrolle.
BZ: Wie kann man da als Abnehmer, etwa als Gastronom, sicher sein, dass es sich um legal erlegtes Wild handelt?
Jauch: In der Regel ist es so, dass ein Gastronom nur von Jägern kauft, die er auch kennt und zu denen er Vertrauen hat. Heutzutage ist es auch nicht mehr so einfach, ein Reh an einen gastronomischen Betrieb zu verkaufen. Die Gastronomen wollen das Tier in der Regel bereits küchenfertig zerlegt haben oder nur bestimmte Teile und kaufen deshalb auch beim Wildhändler oder im Großmarkt.

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Ressort: Südwest

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