Wir sind Vereins-Baden
Öffentliche Schwimmbäder sind vielen Gemeinden ein Klotz am Bein. Überall drohen Schließungen. Im Landkreis Lörrach zeigen zwei kleine Bäder, wie man diesem Schicksal entgehen kann: als Vereinsbad.
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Beide Bäder vereint, dass sie eine absolute Ausnahmelage besitzen: Beide liegen im schönsten Landschaftsidyll des Schwarzwalds. Todtnauberg gilt als einer der herausragenden Fremdenverkehrsorte im Landkreis, das Bad liegt nur ein paar Gehminuten von der Stelle entfernt, an der der bekannte Todtnauberger Wasserfall über eine Felskante schäumt, inzwischen überspannt von der "Black Forest Line", einer 450 Meter langen touristischen Hängebrücke. Es mag angesichts des prominenten Orts in rund 1000 Metern Höhe vielleicht erstaunen, dass das kleine, inzwischen 90 Jahre alte Bad es in den vergangenen Jahrzehnten so schwer hatte, sich über Wasser zu halten. 2003 wurde das Bad von der Stadt Todtnau geschlossen. Der im gleichen Jahr gegründete Verein zur Förderung und Pflege des Schwimmsports in Todtnauberg rettete das womöglich höchstgelegene Freibad Deutschlands vor dem Verfall. Doch die üblichen Probleme für kommunale Bäder machten auch vor dem Berger Bad weiter nicht Halt: Personalkosten und Personalmangel, vor allem bei den Rettungsschwimmern. So fiel 2024 im Förderverein der Beschluss, es in ein sogenanntes Vereinsbad umzuwandeln.
Der Clou daran: Das Bad darf nur noch von Vereinsmitgliedern benutzt werden, die dann auf eigene Gefahr im Becken schwimmen und planschen können. Und auch wenn öfters ehrenamtlich Rettungsschwimmer der DLRG am Beckenrand stehen, entfällt die Notwendigkeit, Aufsichtspersonal zu stellen, Eintrittsgelder zu verlangen, Kassenpersonal zu organisieren. Die Mitglieder müssen vor dem ersten Baden einen Haftungsausschluss für die Saison unterschreiben.
Der Vereinsbeitrag ersetzt sozusagen das Eintrittsgeld. Wer vollwertiges Mitglied ist, hat unbegrenzt Zugang. Das kostet für Erwachsene 65 Euro im Jahr. Für Badegäste, die weniger oft kommen wollen, gibt es eine sogenannte Fördermitgliedschaft, die kostet 25 Euro. Damit kann man fünfmal ins Bad. Touristen können eine "kurzzeitige Mitgliedschaft" beantragen und zahlen über die sogenannte Konus-Karte einen ermäßigten Beitrag. Tagestickets fallen weg – das würde den Eindruck eines öffentlichen Bades mit Bademeister vermitteln.
Dem Vorbild folgte nach dem Jahreswechsel das Freibad in Schweigmatt. Es liegt ähnlich idyllisch wie das Berger Bad, wenn auch viel weiter abseits des Touristentrubels. Der kleine Weiler am Südhang des als Hohe Möhr bekannten Schopfheimer Hausbergs war früher ein gut besuchter Luftkurort, inzwischen verirren sich praktisch nur noch ein paar Wanderer und Motorradfahrer hier hinaus – und Badegäste. Das ebenfalls 90 Jahre alte Schweigmatter Höhenbad, rund 700 Meter über dem Meer gelegen, hat praktisch als einziges Überbleibsel aus der Blütezeit des Luftkurorts überlebt und kämpft tapfer weiter für seinen Fortbestand. Genau wie in Todtnauberg auch gab die Stadt Schopfheim den Betrieb schon vor Jahrzehnten auf, ein Verein sprang in die Bresche, war aber mit dem Betrieb in Form eines ganz normalen öffentlichen Bades finanziell und personell immer mehr an die Grenzen geraten.
Die Umwandlung in ein Vereinsbad war die Lösung. Stadt und Verein einigten sich auf ein Modell, in dem die Kommune das Bad für einen symbolischen Euro pro Jahr verpachtet. Ein halbes Jahr später kann sich der neu gegründete Förderverein Schwimmbad Schweigmatt vor Neumitgliedern kaum noch retten, mehr als 550 sind es bereits und es werden mehr. Auch hier gilt: Tagestickets gibt es keine mehr, eine Fördermitgliedschaft kostet 20 Euro und erlaubt vier Eintritte, Vollmitglieder zahlen jährlich 70 Euro und dürfen dafür zu jeder Zeit ins Bad, auf eigene Gefahr.
"Beim Generieren von neuen Mitgliedern wurden unsere kühnsten Erwartungen sogar übertroffen", ließ sich der Vereinsvorsitzende Alexander Simon jüngst in der BZ zitieren. "Wir haben Zulauf von Leuten aus dem gesamten Landkreis. Und alle sind überrascht von der Freundlichkeit und Herzlichkeit, die sie hier im Schwimmbad auf der Schweigmatt erwartet. Wir sind eben eine große Vereinsfamilie." Der Vorteil dieser Vereinsfamilie ist, dass so gut wie alles ehrenamtlich geschieht: Der tägliche Betrieb im Kiosk, am Grill, beim Einlass oder beim Putzen muss ebenso gestemmt werden wie die Aufgaben rundherum, Rasenmähen, Heckenschneiden oder die Badtechnik. In Todtnauberg wie in Schweigmatt werden diese Aufgaben auf viele Schultern verteilt, und bisher läuft es weitestgehend rund.
Sind die beiden Bäder damit endgültig zukunftssicher? Man sei im "Lern- und Erprobungsprozess", lassen die Vereinsbad-Macher in Schweigmatt wissen. Was als Damoklesschwert über den beiden Bädern schwebt, sind natürlich die Finanzen. Denn – Verein hin oder her – große Investitionen müssen nach wie vor die Kommunen stemmen, genauso wie Zuschüsse für den laufenden Betrieb. Die Stadt Schopfheim stellt dafür derzeit jährlich 25.000 Euro und ab 2027 20.000 Euro jährlich zur Verfügung. In Todtnau laufen Zuschüsse unter anderem auch über den Verein "L(i)ebenswertes Todtnauberg", der sich unter anderem um touristische Belange kümmert. Ob diese Gelder – auch wenn die Vereine noch so viel Ehrenamt investieren – auch in weiterer Zukunft fließen, ist angesichts klammer kommunaler Kassen ungewiss.
Und schließlich ist auch ehrenamtliches Engagement ein immer selteneres Gut: Der frisch gegründete Verein in Todtnauberg musste schon zu Jahresbeginn lange suchen, um einen neuen Vorsitzenden zu finden, der sich die ganze Verantwortung und die damit verbundene Arbeit aufzubürden bereit war. Es fand sich am Ende in Rolf Peters ein Nachfolger für die ausscheidende Chefin Irene Breuer.
Dessen, dass mit der Umwandlung in ein Vereinsbad nur der erste Schritt zur Rettung getan ist, sind sich beide Vereine bewusst und packen an, wo es nur geht, um ihre Vereinsbäder zu retten.