113 Nachtfalterarten gelten als ausgestorben

Zahl und Vielfalt der Insekten im Land schrumpfen / Aber es kamen laut einer Behörde wegen des Klimawandels 65 andere Arten hinzu.  

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Mag es warm: Nachtkerzenschwärmer  | Foto: Vitalii Hulai (stock.adobe.com)
Mag es warm: Nachtkerzenschwärmer Foto: Vitalii Hulai (stock.adobe.com)
Die Zahl der Insekten im Land geht deutlich zurück, auch die Artenvielfalt schrumpft. Nach neuen Zahlen der Präsidentin der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) sind die Nachtfalter – der weitaus größte Teil der heimischen Schmetterlingsarten – weiter auf dem Rückzug. Ihre gesamte Zahl und die Vielfalt der Arten haben in den vergangenen Jahren weiter abgenommen. Zugleich haben sich neue Nachtfalterarten wegen des Klimawandels in den südwestlichen Regionen ausgebreitet, wie das jüngste Insektenmonitoring des Landes belegt.

"Das Insektensterben macht auch vor Baden-Württemberg nicht Halt", sagte Eva Bell, die Präsidentin der LUBW. Umweltstaatssekretär Andre Baumann (Grüne) sprach von einem dramatischen Trend. Nach der Zählung und im Vergleich der Daten aus zwei Zeitfenstern in den vergangenen 50 Jahren konnten 113 der in Baden-Württemberg historisch belegten Nachtfalterarten auf den untersuchten Flächen nach dem Jahr 2000 nicht wiedergefunden werden. "Sie sind einfach verschwunden", sagte Bell. Gleichzeitig seien 65 Arten hinzugekommen, weil sie mit den wärmeren Temperaturen besser zurechtkommen.

Bell sagte: "Die gefundenen Daten sind ein weiteres Anzeichen für den Klimawandel." Insgesamt sei die Artenvielfalt in den untersuchten Flächen seit dem Jahr 2001 und im Vergleich zu den Jahren 1971 bis 2000 um durchschnittlich zwölf Prozent zurückgegangen. Die Zahl der einzelnen Exemplare der Nachtfalter ging laut dem Datensatz seit der Jahrtausendwende um 25 Prozent zurück. Vögeln und Fledermäusen fehle damit ein wichtiger Teil der Nahrungsgrundlage.

Wesentlicher Grund seien die intensive Landnutzung und der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf den Feldern, sagte der Schmetterlingsforscher Robert Trusch vom Karlsruher Naturkundemuseum. Daher sei es wichtig, die Folgen des Einsatzes von Pestiziden besser zu untersuchen. Auch die Lichtverschmutzung, der Verlust von Mooren und Feuchtgebieten, das Höfesterben und der Wechsel von vielen kleinen zu wenigen großen landwirtschaftlichen Flächen seien verantwortlich für das Artensterben. "Wir können aber noch nicht sagen, welchen Einfluss die einzelnen Faktoren haben", so Bell. "Deshalb sind die langen Datenreihen über Jahrzehnte so wichtig."

Auch der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) forderte, dass Daten zum Einsatz von Pestiziden beim Insektenmonitoring ausgewertet werden. "Es ist von zentraler Bedeutung, dass alle möglichen Ursachen für diesen Schwund genau unter die Lupe genommen werden", sagte der Nabu-Landeschef Johannes Enssle.

Für den Vergleich des weiter laufenden Monitorings steckten Wissenschaftler 25 über das Land verteilte Quadranten von 36 Quadratkilometern ab und untersuchten die Arten darin. Verglichen wurden die bereits für die Flächen vorhandenen Daten von 1971 bis 2000 mit denen seit der Jahrtausendwende. Reich an Nachtfalterarten sind demnach noch der Freiburger Raum und Teile des Kaiserstuhles. Die meisten Exemplare gibt es bei Buttenhausen auf der Schwäbischen Alb.

Forscher beklagen weltweit seit längerem ein umfassendes Artensterben. Inzwischen gilt ein Viertel der 33 000 beschriebenen Insektenarten in Deutschland als vom Aussterben bedroht.
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