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Heimkommen

"Arbeitskräfte werden gesucht"

  • selb

  • Fr, 18. Dezember 2020, 11:37 Uhr
    Verlagsthema

Verlagsthema BZ-Interview mit Andreas Finke, dem Chef der Freiburger Arbeitsagentur.

  | Foto: Agentur für Arbeit (Foto Santos)
Foto: Agentur für Arbeit (Foto Santos)
Egal ob man Ausbildung oder Studium beginnt oder Weltenbummler wird: Viele junge Menschen zieht es nach dem Schulabschluss weg von zuhause. Doch für ebenso viele stellt sich nach einer Weile die Frage, ob man nicht doch in die Heimat zurück möchte – umso mehr, wenn die Einstellungschancen wie in Südbaden gut sind. Andreas Finke, Chef der Agentur für Arbeit Freiburg, erklärt im Interview mit BZ-Mitarbeiterin Sina Elbers, was der wachsende Wirtschaftsraum Südbaden zu bieten hat.
BZ: Herr Finke, Sie selbst sind kein "Heimkommer", sondern aus beruflichen Gründen in die Region gezogen. Was macht das Leben und Arbeiten in Südbaden für Sie attraktiv?
Finke: Das stimmt, ich bin nicht heimgekommen, aber sowohl in der Agentur als auch privat gut angekommen. Als gebürtiger Norddeutscher genieße ich die Berge am Horizont und die vielen Sonnentage. Ich habe die Region gerade während den Corona-Einschränkungen gut kennengelernt: Meine Herbstferien habe ich beispielsweise im Schwarzwald verbracht. Beruflich schätze ich die Aufgeschlossenheit der Menschen und die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen. Hinzu kommt die besondere Lage im Dreiländereck. Dass wir beispielsweise auch eine europäische Arbeitsvermittlung mitbetreuen, ist auf jeden Fall ein spannender Standortfaktor.

BZ:
Welche weiteren Faktoren machen den Wirtschaftsstandort Südbaden aus?
Finke: Zu unserem Agenturbezirk gehören die Landkreise Emmendingen und Breisgau-Hochschwarzwald sowie die Stadt Freiburg. Was mich besonders beeindruckt, ist, wie breit der Arbeitsmarkt aufgestellt ist. In Freiburg ist der Dienstleistungssektor mit einem Anteil von fast 90 Prozent sehr stark. Die Universität, Verwaltung und die Kliniken bringen viel Stabilität in den Arbeitsmarkt. Hinzu kommt gerade in den Landkreisen ein vergleichsweise breiter Mittelstand mit vielen familiengeführten Betrieben, aber auch großen Unternehmen und Industrie.

BZ: Also hat die Region mehr zu bieten als die Universitätsstadt Freiburg. In welchen Branchen hat man besonders gute Chancen auf eine Anstellung?
Finke: Unser Agenturbezirk hat auf jeden Fall viel zu bieten! Von Tourismus über Wissenschaft und Gesundheit bis hin zu Industrie und Technik sind viele Branchen stark vertreten. Einen besonders stark wachsenden Bedarf sehen wir insbesondere in den Bereichen Gesundheits- und Sozialwesen, wirtschaftliche Dienstleistungen sowie im verarbeitenden Gewerbe. Aber auch im Bereich wissenschaftliche Dienstleistungen und im Baugewerbe werden viele Arbeitskräfte gesucht. Diese Vielfalt der Branchen macht den Wirtschaftsstandort widerstandsfähig in Krisenzeiten.
BZ: Nun ist aber auch der Standort Südbaden nicht unberührt geblieben von den Auswirkungen der Corona-Pandemie: Es gab einen Rückgang an Stellenangeboten, und auch die Arbeitslosigkeit stieg zur Jahresmitte an.
Finke: Es stimmt, dass wir im Vergleich zum Vorjahr einen leichten Rückgang an offenen Stellen beobachten. Wir führen dies aber ausschließlich auf die momentane Verunsicherung der Arbeitgeber zurück – insgesamt stehen wir mit 3627 gemeldeten offenen Arbeitsstellen sehr gut da. Natürlich gibt es Branchen, die momentan zu kämpfen haben; die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt insgesamt sind aber aufgrund seiner Diversität eher gering. Mit einer Arbeitslosenquote von 4,1 Prozent liegen wir unter dem Bundesschnitt von 5,9 Prozent. Wenn überhaupt ist die Corona-Zeit ein Beweis dafür, wie vergleichsweise robust der Arbeitsmarkt in unserem Agenturbezirk ist.

BZ: Die momentane Stabilität des Arbeitsmarktes ist das eine – aber wie sieht es mit Zukunftssicherheit und Planbarkeit aus?
Finke: Der Wirtschaftsraum Südbaden wächst – und damit auch der Fachkräftebedarf. Gleichzeitig verändern sich viele Berufsfelder durch Digitalisierung und Automatisierung. Die wenigsten Menschen werden mit dem, was sie gelernt haben, in Rente gehen. Trotzdem sind wir bemüht Menschen Orientierung zu bieten. Als Unterstützung haben wir das Stärkenanalysetool New Plan entwickelt; eine Art Assessmentcenter, das jeder von zuhause aus nutzen kann. In einer ruhigen Minute während der Feiertage sind die eigenen Stärken schnell gefunden – und eventuell schon der erste Schritt in eine der vielen Aus- und Weiterbildungseinrichtungen in der Region getan. Neben Jobsicherheit spielt für viele auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine Rolle. Hohe Teilzeitquoten sowie die landesweite Spitzenquote von 65,9 Prozent an betreuten Kindern unter sechs Jahren, sind für uns Hinweise darauf, dass die Voraussetzungen für Karriere- und Familienplanung in Südbaden gut sind.

BZ: Also eine Empfehlung "heimzukommen", egal ob auf der Suche nach beruflicher Orientierung oder für den nächsten Karriereschritt?
Finke: Auf jeden Fall! Gerade der Zuzug von jungen, qualifizierten Fachkräften ist immer ein Gewinn für die Region. Und Südbaden liefert gute Argumente, nach Hause zu kommen.

Zur Person: Andreas Finke ist seit Juni 2020 Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Freiburg. Der 51-Jährige ist Theologe und Sozialwissenschaftler und war Projektleiter, bevor er vor sechs Jahren in die obere Verwaltungsebene verschiedener Arbeitsagenturen wechselte.
Wer sich jetzt überlegt, nach Südbaden zurück zu kehren, kann sich hier nach den passenden Stellenangeboten umschauen.

Ressort: Verlagsthema

Dossier: Heimkommen

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 24. Dezember 2020: PDF-Version herunterladen

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