Handwerk in der Region

"Wieder in Schwung kommen"

Verlagsthema Interview mit dem Präsidenten der Handwerkskammer Freiburg, Christof Burger, über Herausforderungen und positive Signale für das regionale Handwerk  

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Viel Luft nach oben: Das Sorgenkind Bauhauptgewerbe bescherte den Handwerkern keinen guten Start ins Jahr 2025. Foto: Melissa Erichsen (dpa)
In diesen auch wirtschaftlich stark angespannten Zeiten sind die mehr als 15.800 südbadischen Handwerksbetriebe einmal mehr als "Motor Mittelstand" gefragt. Im Gespräch mit Anita Fertl ordnet Christof Burger die aktuelle Lage ein.

BZ: Herr Burger, bezüglich der Politik und Wirtschaft befinden wir uns in unruhigen Zeiten. Wie gestaltet sich nach dem turbulenten Jahresanfang die Lage aktuell bei den Mitgliedsbetrieben?
Christof Burger: Unsere Betriebe arbeiten weiterhin in einem herausfordernden Umfeld – die Industrieflaute, der am Boden liegende Wohnungsbau und ein deutlich eingeschränkter Konsum wirken sich weiter negativ auf die Handwerkskonjunktur aus. Die Betriebe berichten von Rückgängen bei Aufträgen, Umsatz und Auslastung. Das war kein guter Start ins Jahr 2025, zum Glück gibt es mit den aktuellen bundesweiten Wirtschaftszahlen einen Hoffnungsschimmer. Damit der nicht verpufft, muss die neue Bundesregierung schnell für die richtigen Rahmenbedingungen sorgen. Wir brauchen endlich die richtigen Impulse, um die lahmende Wirtschaft wieder auf Trab zu bringen.

BZ: Immerhin gibt es in der Auszubildendenstatistik mit einem Plus von 5,85 Prozent zum Stichtag 31. Dezember 2024 ein positives Signal. Welche Gewerke verzeichnen gute Zahlen und wo hakt es?
Burger: Wir konnten jetzt im dritten Jahr in Folge einen leichten Zuwachs bei den Ausbildungsverträgen einfahren – nach vielen Jahren des Rückgangs. Grundsätzlich könnten wir aber noch deutlich mehr ausbilden, unsere Betriebe brauchen den Nachwuchs. Darum hat das Handwerk seine Anstrengungen für die Auszubildendensuche deutlich intensiviert und ausgebaut. Die Gewerke mit den meisten Ausbildungsverträgen sind alte Bekannte: Die Kraftfahrzeugmechatroniker liegen auf Platz eins, darauf folgen die Elektroniker und die Anlagenmechaniker für SHK-Technik. Aber selbst in diesen starken Gewerken gibt es noch freie Ausbildungsplätze – der Nachwuchs wird quer durchs gesamte Handwerk gesucht. Denn nur mit gut ausgebildeten Fachkräften können wir die Zukunftsthemen stemmen.

BZ: Auffallend ist die Vorbildung der neuen Azubis: Neben 31 Prozent mit Hauptschulabschluss gibt es 43 Prozent mit Mittlerer Reife, 16 Prozent mit Abitur und fast neun Prozent mit ausländischen Abschlüssen, die sich nicht in unser System zuordnen lassen. Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie daraus?
Burger: In der Tat hat die Mittlere Reife schon vor einigen Jahren den Hauptschulabschluss als wichtigsten Schulabschluss überholt. Die Zahl der Abiturienten steigt seit Jahren stetig an. Ausländische Auszubildende spielen im Handwerk eine immer größere Rolle und mildern die Folgen der demografischen Entwicklung ab. Fluchtländer wie Syrien und Gambia, aber auch Afghanistan und Irak spielten in den vergangenen Jahren dabei eine immer stärkere Rolle. Hier hat das Handwerk für die Integration der Menschen einen wichtigen Beitrag geleistet. Gleichzeitig steigt aber auch die Relevanz der gezielten Einwanderung, etwa aus Indien, Vietnam, aber auch Albanien, Bosnien, Kosovo oder Nordmazedonien.

BZ: Zur Fachkräftesicherung hat die Handwerkskammer bereits eine eigene Abteilung gegründet.
Burger: Unsere Handwerksbetriebe erkennen die Notwendigkeit von Zuwanderung zur Linderung des Nachwuchsmangels. Denn nicht jeder Betrieb kann die Herausforderungen, die mit der Einstellung und Beschäftigung internationaler Fachkräfte zusammenhängen, alleine stemmen. Deshalb hat die Handwerkskammer Freiburg schon vor einigen Jahren eine eigene Abteilung Fachkräftesicherung gegründet, mit der wir Unterstützung bei ausländerrechtlichen Fragen bieten, bei der Integration unterstützen und bei Problemen während der Ausbildung helfen.

BZ: Welche vordringlichsten Aufgaben sehen Sie für das laufende Jahr?
Burger: Egal, ob bei der gezielten Einwanderung in Ausbildung oder bei der allgemeinen wirtschaftlichen Lage: Deutschland muss wieder in Schwung kommen. Für unsere Handwerksbetriebe fordern wir daher vor allem einen schnellen und deutlichen Abbau unnötiger Bürokratie. Die neue Bundesregierung muss Betriebe und Beschäftigte schnell entlasten, um Konsum und Investitionsbereitschaft wieder anzukurbeln. Hier erwarten wir von der Regierungskoalition schnell erste Ergebnisse.

Zur Person:
Christof Burger (59), Waldkircher Handwerksunternehmer, ist seit April 2024 Präsident der Handwerkskammer Freiburg.
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Schlagworte: Christof Burger, Anita Fertl
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