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Christie’s

Auktionshaus versteigert Flaschen einer Weinsorte von Leonardo da Vinci

Julius Müller-Meiningen
  • So, 01. Dezember 2019, 21:41 Uhr
    Panorama

Da Vinci wäre wohl sehr neugierig auf das Resultat. Er selbst kam wahrscheinlich nie in den Genuss einer Ernte und damit seines eigenen Weines. Nun wurden die Trauben neu gezüchtet.

Der Önologe Luca Maroni grub 2008 Wurzelreste von Reben aus, die vor Jahrhunderten Leonardo da Vinci gehörten. Mit diesen Resten wurde die alte Rebsorte neu gezüchtet und in da Vincis Mailänder Garten neu angepflanzt. Foto: Schiffner Andrea
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Leonardo da Vinci heißt Leonardo da Vinci, weil er aus dem kleinen Dorf Vinci in der Toskana stammt. Die Gegend ist gesäumt von Olivenhainen und Weinbergen. Auch Leonardos Vater, ein Notar, besaß Grund, auf dem er Reben anbaute.

Dem Universalgenie Leonardo, den man als Ingenieur, Wissenschaftler, und Künstler, aber kaum als Landwirt kennt, war die Vorliebe für den Wein sozusagen in die Wiege gelegt. Im Dezember will das Aktionshaus Christie’s in London 300 Flaschen Leonardo-Wein versteigern.

Tatsächlich sind zahlreiche Kommentare des Renaissance-Künstlers ausgerechnet zum Wein überliefert. "Ich glaube, dass Menschen, die in Gegenden aufwachsen, in denen es guten Wein gibt, besonders glücklich sind", schrieb Leonardo zum Beispiel. Man solle ihn wohltemperiert, wenig davon, aber dafür regelmäßig trinken, er warnte vor den Nebenwirkungen bei übermäßigem Genuss und schwärmte insgesamt vom "göttlichen Traubenlikör". Sogar für die meisten Leonardo-Kenner ist dessen önologische Ader eher neu.

Kaum bekannt ist zudem, dass Leonardo sogar einen eigenen Rebgarten besaß, in dem er auch anbaute. Der Wein, den das Aktionshaus Christie’s jetzt versteigern möchte, dürfte ein teures Vergnügen werden. Die Geschichte des Leonardo-Weins hat zahlreiche Wendungen. Sie beginnt 1498, als der Künstler im Auftrag des Mailänder Fürsten Ludovico Sforza sein weltberühmtes Fresko "Das letzte Abendmahl" im Refektorium der Mönche in Santa Maria delle Grazie anfertigt. Sein Lohn war ein Stück damals noch in der Mailänder Peripherie gelegenes Land, auf dem er Reben pflanzte.

Als 1500 die Franzosen Mailands besetzten, verließ der Toskaner die Stadt, erwarb das Grundstück später aber zurück. Sogar in seinem Testament ist von dem 8320 Quadratmeter großen Grundstück die Rede, das heute auf dem Gelände der Casa degli Atellani im Mailänder Zentrum liegt. Knapp 500 Jahre lang kümmerte sich niemand um das kuriose Erbe Leonardos.

Es gibt Fotos aus dem Jahr 1920, die den Garten ein letztes Mal unversehrt zeigen. Bei Bombardements im Jahr 1943 wurde das Gelände vollkommen zerstört.

Zu Beginn des neuen Jahrtausends begann sich der Önologe Luca Maroni für die Geschichte von Leonardos Reben zu interessieren. Er wollte mit einigen Kollegen nach Resten der jahrhundertealten Rebstöcke suchen und wurde fündig. 23 Wurzelreste grub Maroni aus. DNA-Experten der Mailänder Universität verglichen die Fundstücke mit 277 Sorten aus Gendatenbanken in aller Welt. Am Ende stellte man fest, dass es sich um die Sorte Malvasia Aromatica di Candia handelte.

Aus den Wurzeln wurden Setzlinge gezüchtet, die anlässlich der Weltausstellung im Jahr 2015 wieder eingepflanzt wurden, in Leonardos Mailänder Rebgarten, der heute mitten in der Stadt liegt.

2018 fand dann die erste Lese der wiederentdeckten Reben statt. 270 Kilogramm Trauben kamen zusammen. Eine Winzerin aus der Gegend von Piacenza ließ die Trauben nach traditionellen Methoden bearbeiten. "Die Trauben wurden barfuß gemaischt und der Wein wurde zunächst in Amphoren abgefüllt", sagt Winzerin Giovannella Fugazza.

Jetzt wird der Wein bei Christie’s versteigert. Leonardo wäre gewiss sehr neugierig auf das Resultat. Da er bereits zwei Jahre nach der Schenkung des Gartens wieder in die Toskana zurückkehrte, konnte er zwar seine Reben pflegen, kam selbst aber wahrscheinlich nie in den Genuss einer Ernte und damit seines eigenen Weines.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 30. November 2019: PDF-Version herunterladen

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