Attraktive Arbeitgeber
BZ-Gastbeitrag von Christian Grünwald über Werte im Wandel
Viele Menschen stellen am Arbeitsplatz vermehrt die Sinnfrage – dies bringt weitreichende Folgen für Unternehmen und Arbeitsmarkt mit sich. Die zentrale Frage lautet: Wie können Firmen in Zukunft attraktiv für Fachkräfte bleiben?
Do, 7. Okt 2021, 17:44 Uhr
PR-Artikel
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Studien zeigen, dass die Zahl derjenigen, die sich eine sinnstiftende Tätigkeit wünschen, während der Corona-Pandemie weiter zugenommen hat. Jedoch werden derartige Wünsche vor allem von umworbenen Hochqualifizierten geäußert, die sich solche Fragen auch "erlauben" können. So steckt derzeit im Wunsch nach Sinn paradoxerweise immer auch das Potenzial für soziale Spaltungen, die sinnstiftende Tätigkeiten eigentlich vermeiden sollen.
Die österreichische Sinnforscherin Tatjana Schnell geht von einem Zusammenwirken von vier Faktoren aus, die das Erleben von Sinnstiftung am Arbeitsplatz ermöglichen: a) das Bewusstsein für die positive Konsequenzen der eigenen Tätigkeit, b) Passung von beruflicher Tätigkeit und persönlichem Lebensstil, c) die Überzeugung, dass die Ziele des Unternehmens sinnvoll sind sowie d) das positive Gefühl, Teil von etwas zu sein, als Mensch wahrgenommen und wertgeschätzt zu werden.
Organisationen, die sich am Leitbild der Sinnstiftung ausrichten, müssen also versuchen, Strukturen und Geschäftsmodelle zu schaffen, in denen diese vier Faktoren zum Tragen kommen. Um in Zukunft für Hochqualifizierte attraktiv zu bleiben, müssen Unternehmen für sich mehr denn je die Frage beantworten, was der tiefere Sinn ihres wirtschaftlichen Handelns ist – und ob dieser von den eigenen Belegschaften auch als sinnvoll erachtet wird. Die Beantwortung der Sinnfrage hat dabei nicht nur eine wichtige kommunikative Funktion nach innen und außen, sondern auch eine strategische Dimension, welche Rolle Sinnstiftung mit Blick auf die Gesamtorganisation einnimmt.
Dabei geht es um Fragestellungen, die über den eigentlichen Kontext des Unternehmens hinausgehen: Welche Ziele verfolgen wir? Auf welche gesellschaftlichen Ziele zahlt unser Handeln ein? Wie tragen wir zu einer besseren Zukunft bei? Firmen nehmen so zunehmend "Haltung" ein, was zu einer nicht immer freiwilligen Politisierung führt. Das unpolitische Unternehmensideal, zusammengefasst in Milton Friedmans Doktrin "The business of business is business", hat zunehmend ausgedient. Für Personalabteilungen verengen sich so in Zukunft die Suchkorridore am Arbeitsmarkt. Neben fachlichen Kompetenzen müssen auch Werthaltungen und Lebensstile der Bewerberinnen und Bewerber zur Firmenkultur passen – was immer auch die Gefahr der Bildung von "Firmen-Filterblasen" mit sich bringt.
Viele Unternehmerinnen und Unternehmer haben die Zeichen der Zeit erkannt – und sind selbst zu Agenten des Wandels geworden. So steigt die Zahl der Sozialunternehmen in Deutschland, rund 1700 sind es bereits nach Schätzungen der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau). Auch die eindimensionalen Start-up-Erfolgsnarrative des Silicon Valleys verlieren an Zugkraft: An die Stelle des Zielbilds eines milliardenschwer bewerteten "Einhorns" treten "Zebras", deren Gründerinnen und Gründer sozial-ökologische Ziele verfolgen und auf Kooperation statt Verdrängungswettbewerb setzen. Zugleich entsteht eine Vielzahl von Ansätzen, die Unternehmen und ihre Rolle in der Gesellschaft neu denken: Dies reicht von neueren Konzepten wie Verantwortungseigentum oder Gemeinwohlökonomie bis hin zur Wiederbelebung älterer Ideen wie Kollektive oder Genossenschaften. Die Sinnfrage ist in der Welt, nun müssen die Firmen eine passende Antwort darauf finden.
Christian Grünwald wird beim 16. Freiburger Mittelstandskongress am 20. Oktober einen Vortrag zum Thema "Werte im Wandel – was Arbeitgeber in Zukunft attraktiv macht" halten. Informationen zum Kongress im Internet unter www.fr-mk.de
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