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Zischup-Kommentar

Das reinste Chaos

  • Marlene Wobst & 8a Theodor-Heuss-Gymnasium Freiburg

  • Do, 04. Juni 2020, 15:11 Uhr
    Schülertexte

Im Februar kam es bei der Landtagswahl in Thüringen zu einem politischen Erdbeben. Das kommentiert Marlene Wobst, Schülerin der Klasse 8a des Theodor-Heuss-Gymnasiums in Freiburg.

Thüringens neu gewählter Ministerpräsi...uen Ministerpräsidenten in Thüringen.   | Foto: Bodo Schackow (dpa)
Thüringens neu gewählter Ministerpräsident Bodo Ramelow verweigert Björn Höcke, Fraktionsvorsitzender der AfD im Landtag, den Handschlag nach Wahl eines neuen Ministerpräsidenten in Thüringen. Foto: Bodo Schackow (dpa)
Thüringen: Die Wahlen – was sollte das? Die CDU – geht’s noch chaotischer? SPD – muss man so viel Druck auf die CDU ausüben? FDP – was war da los? Linke – jetzt wieder gechillt, aber davor ein bisschen böse? Und AfD, was sollte das denn bitteschön? Wenn ihr es schon macht, dann bitte ein bisschen undurchsichtiger, also echt! Aber was ist jetzt nochmal alles passiert? Wenn dann auf einmal über die CDU-Vorstandswahl geredet wird, was ist denn da bitte schön geschehen? Wo ist denn die liebe Annegret Kramp-Karrenbauer? Und jetzt mal bitte auf die Wiederholungstaste drücken und alles zum Verstehen nochmal Slow-Motion abspielen. So ein Chaos blickt ja kein Mensch!

Alles begann am 6. Februar in Thüringen, als im Landtag die Wahlen zum Ministerpräsidenten in vollem Gange waren. Zwei Kandidaten traten an, Bodo Ramelow (Linke) und Christof Kindervater (AfD). Am Anfang schien noch alles normal: Ramelow führte und Kindervater hatte nur die Stimmen der AfD. Dann wurde es aber spannend, denn im dritten Wahlgang wurde Thomas Kemmerich (FDP) noch aufgestellt und, ohne Vorwarnung, besiegte Ramelow mit einer Stimme. Viele fragen sich wahrscheinlich, wieso und warum darum jetzt so ein großer Terz gemacht wurde. Das Ding war, dass die CDU sich mit der FDP und der AfD verbündet oder abgesprochen hat, und sie so mit ihren gemeinsamen Stimmen dafür gesorgt haben, dass Ramelow nicht zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Stattdessen haben sie zusammen den FDP-Kandidaten Kemmerich gewählt und Kindervater einfach rechts liegen lassen.

Das Schlimme war, dass die CDU sich mit der AfD zusammengetan hat, obwohl sie doch immer bestätigte, eine Partei der Mitte zu sein. Im Fall Thüringens arbeitete sie aber lieber mit der AfD zusammen als einen linken Ministerpräsidenten zu haben. Genau wegen dieser Frage ging jetzt das Elend in der CDU los. Zuerst machte AKK der eigenen Fraktion schwere Vorwürfe, doch dann beschwerten sich manche, dass sie die Partei schon lange nicht mehr unter Kontrolle habe und nach ein paar Tagen verkündete sie dann auch wirklich ihren Rücktritt und dass sie bei der nächsten Bundestagswahl nicht als Spitzenkandidatin der CDU antreten werde.

Ihr größter Fan, Angela Merkel, äußerte sich sehr erschüttert über den Fall in Thüringen ("So etwas geht gar nicht") und traurig über AKKs Ankündigung. Danach passierte ein paar Tage erst mal gar nichts. Doch dann, kamen die Löwen aus ihrem Versteck und stürzten sich in den Kampf um den CDU-Vorstand. Diese Männer sind Markus Söder (CSU), Armin Laschet (CDU), Jens Spahn (CDU) und Friedrich Merz (CDU). Aber zurück zur FDP und Kemmerich: Natürlich waren manche nach der Wahl ein bisschen stinkig auf ihn und schmissen ihm die so hart ersehnten Blumen vor die Füße und gratulierten nicht mal! Danach gab er ein paar Interviews als neuer Ministerpräsident. Darin kündigte er an, auf keinen Fall zurückzutreten und sagte, dass er keinerlei Schuld an diesem Vorfall habe und dass dies eine normale faire Wahl gewesen sei, die man akzeptieren müsse. Einen Tag später jedoch erklärte er, dass er mit der AfD nichts am Hut haben wolle und trat zurück.

Dies geschah jedoch nicht ohne Grund. Viele waren erschüttert von der Wahl und forderten ihn auf, zurückzutreten. Die Zeitungen stürzten sich auf die Wahl und dazu kam noch, dass FDP-Parteichef Christian Lindner um seinen Job bangte. Am nächsten Morgen erklärte er wohl Kemmerich, wie der Hase zu laufen hat, und – schwups – hatte er keine andere Wahl mehr. Damit hatte Lindner sich dann erstmal gerettet, doch wollte er in der Partei noch eine Vertrauensfrage stellen, da er auch nicht ganz unumstritten war. Diese ging gut für ihn aus und seither ist wieder Ordnung in der FDP, nur dass sie, wie die CDU auch, an Wählern verlieren.

Doch jetzt zur Linken: Die waren natürlich enttäuscht, dass ihr Ramelow mit einer Stimme verloren hat, aber noch entrüsteter waren sie, dass die CDU und FDP sich mit ihrem Erzfeind verbündeten und auf einmal nicht mehr die Parteien der Mitte waren. Mit der AfD als Schatten kann es ja schon mal aus Versehen zu kleinen Rechtshopsern in Entscheidungen für das ganze Bundesland und auch für ganz Deutschland kommen, also Vorsicht. Für die AfD ist damit auch nichts rausgesprungen.

Am Ende wurde im Thüringer Landtag neu gewählt. Und da sich die CDU enthielt und die FDP nicht teilnahm, siegte Ramelow mit allen Stimmen der rot-rot-grünen Koalition. Gewonnen hätte er am Ende eh, da sich sein Gegenkandidat Björn Höcke im dritten Wahlgang zurückzog. Aber es hört sich viel schöner an, wenn man dieses kleine Detail weglässt.

Ressort: Schülertexte

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